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Rosen, die man essen kann

Ein Artikel von DI Michaela Tebaldi | 09.06.2008 - 00:09
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Während ganz Wien noch schläft, macht sich Ing. Renate Hruska bereits mit ihrem Lkw auf den Weg zum Blumengroßmarkt. Einen Großteils ihrer Rosen verkauft sie dort an ihre langjährige Stammkundschaft, die hauptsächlich aus Wien und Niederösterreich kommt.
Der Blumengroßmarkt ist für die Gärtnerin fast wie ihr zweites Zuhause, weil sie dort von 2.45 Uhr bis 8.30 Uhr ihre Rosen verkauft – und das von Montag bis Samstag.

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Duftende Seltenheiten
Seit 43 Jahren werden im Produktionsbetrieb in Wien Donau­feld Schnittblumen gezogen.
In den vergangenen 30 Jahren verschob sich der Schwerpunkt bei der Kulturführung immer mehr auf die Züchtung von Rosen, denen die ganze Leidenschaft von Renate Hruska gehört.
In ihrem Betrieb werden auf 1 ha überdachter Fläche und 800 m² Freiland 35 verschiedene Rosen­sorten gezüchtet. Darunter auch Besonderheiten, wie z. B. alte Varietäten, die einen ganz besonderen Duft verströmen und auf dem Markt selten geworden sind – oder Englische Rosen, die durch ihre nostalgische Blütenform sehr beliebt sind.

Zwischen 700.000 und einer Million Rosen werden von 5 Mitarbeitern und ihrer Mutter Elfriede Hruska verarbeitet. Einen wichtigen Grundsatz hat sie dabei von ihren Eltern übernommen: „Qualität muss Vorrang haben!“

Schnitt bei Sonnenaufgang
Bis die Rosen verkaufsbereit auf dem Markt stehen, bedarf es einer Reihe harter Arbeit: Bereits am Vortag bei Sonnenaufgang werden die Rosen geschnitten. Das ist die Voraussetzung für lange Haltbarkeit. Danach kommen sie in die Sortiermaschine, wo sie in verschiedene Längen unterteilt werden. Die Qualität wird von den Mitarbeitern händisch kontrolliert. Anschließend stehen die Rosen einen Tag lang im Kühlraum in einer Nährlösung. „Die Blumen brauchen niedrige Temperaturen, um nach dem Schneiden wieder Wasser aufnehmen zu können“, so die Gärtnerin.

Noch am gleichen Abend werden die Rosen für den Verkauf am nächsten Tag in den Lkw geladen.
Auch am Sonntag werden Rosen geerntet, denn: „Blumen wachsen jeden Tag!“

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Qualität von Anfang an
Schon beim Einkauf der halbjährigen Sträucher liegt Renate Hruskas Hauptaugenmerk auf Qualität. „Man muss gut überlegen, welche Neuheit man pflanzt“, weiß die Gärtnerin. Ein Wechsel der Sorten ist in Erdkultur nur langsam möglich, und eine Pflanze kostet immerhin um die 4 Euro. Bis ein Rosenstock vollen Ertrag bringt, vergehen ein bis zwei Jahre.

Gute Sorten stehen 10 bis 15 Jahre im Gewächshaus, krankheitsanfällige oder bei den Kunden nicht beliebte Sorten müssen ausgetauscht werden. Im Schnitt schneidet der Betrieb pro m² im Jahr zwischen 80 und 150 Rosen. Neben Rosen werden auch Sonnenblumen, Lisianthus, Delphinium, Chrysanthemen und Lilien kultiviert – je nach Saison.

Exaktes Steuern des Klimas
Sowohl für gestaffelte Blühtezeiten als auch für das Wohlbefinden der Rosen ist eine exakte Temperatursteuerung unumgänglich.
Mittels Computer wird das optimale Klima im Gewächshaus durch die automatische Steuerung von Lüftung, Heizung, Belichtung, Entfeuchtung, Beschwefelung, etc. gewährleis­tet.
Die Basisheizung besteht aus auf dem Boden liegenden Vegetationsschläuchen und wird durch eine Rohrheizung fallweise unterstützt. Zusätzlich bläst bei extremen Außentemperaturen oder zu hoher Luftfeuchtigkeit eine Luftheizung heiße, trockene Luft durch einen Schlauch über die Kulturen.

Nachhaltig mit Nützlingen
Schwefelverdampfer als natürliche Alternative zu chemischen Fungiziden sind bei Renate Hruska bereits lange Standard.
Da ihr die Umwelt sehr am Herzen liegt, arbeitet sie seit Februar mit Nützlingen. Nun tummeln sich zwischen den Rosen auch Raubmilben, die die Rote Spinne bekämpfen sollen. Auch gegen Thrips und Blattläuse werden geeignete Nützlinge eingesetzt.
Finanziell gesehen halten sich chemische Mittel und Nützlinge die Waage. Zeitintensiver ist sicher die zweite Variante, da man laufend beobachten muss, wie sich die Nützlingsbzw. Schädlingspopulationen entwi­ckeln.

Diese Zeit nimmt sich die Gärtnerin jedoch gerne: „Der Verzicht auf Chemie ist für die Umwelt und auch meine Mitarbeiter besser. Theoretisch kann man meine Rosen jetzt essen.“

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Energiekosten verdoppelt
Obwohl ihr Verkaufsstand diesen Winter erstmalig von Mitte Dezember bis Ende März geschlossen war, hat Renate Hruska keinen ihrer Stammkunden verloren. „Da ist mir wirklich ein Stein vom Herzen gefallen, denn treue Kunden sind schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr.“
Als Grund für diese Winterpause nennt Renate Hruska die steigenden Energiekosten: „Im Vergleich zu 2001 hat sich der Preis für Heizöl verdoppelt.“
Im vergangenen Jahr lagen die Energiekosten bei 80.000 Euro. Da ist es eine Herausforderung, mit den Mitbewerbern aus Kenia oder Ecuador mitzuhalten.

Warum Rosen aus Österreich
Die Gärtnerin wünscht sich, dass das Bewusstsein der Menschen umschwenkt. „Nur was günstig ist, wird gekauft. Es läuft alles über Preis und Werbung.“
Aus der Sicht von Renate Hruska muss jedoch etwas anderes im Mittelpunkt stehen.
Sie gibt zu bedenken, dass importierte Schnittblumen durchschnittlich 5 Tage älter als inländische Blumen sind und lange Transportwege die Umwelt sehr belasten.
Frische, Haltbarkeit und Qualität haben einfach ihren Preis.