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Die Inhaltsstoffe von Substraten stehen in der Kritik, neben Torf betrifft das auch seine Ersatzprodukte und ihre Auswirkungen auf Pflanzen, soziale Bedingungen und Umwelt © VM1989/Shutterstock.com

Veranstaltung

Substrate und Torf

Ein Artikel von Renate Stoiber | 30.03.2022 - 14:46

Die Torfstrategie des Bundesverbands der österreichischen Gärtner beinhaltet geförderte Weiterbildungsangebote für die Branche. Im Rahmen von Horti IV, dem überregionalen Qualifikationsprogramm für den Garten-, Gemüse- und Streuobstbau lud der Verband deshalb Anfang März in einer Online-Fachtagung zum Thema „Substrate und Torf“ zum Austausch mit Fachleuten aus den Nachbarländern Schweiz und Deutschland ein. Gemeinsam war den Teilnehmenden das Wissen, dass Torf in der Produktion mit heutigem Wissen nicht komplett ersetzbar ist, Reduktionen sind allerdings sehr wohl durchführbar.

Gängige Ersatzstoffe

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Hagen Knafla © Screenshot beim Online-Fachtag

Nach kurzer Begrüßung und Vorstellung der Eckpunkte der österreichischen Torfstrategie (Reduktion auf 50 % Torfanteil in der Produktion bis 2030) durch die Präsidentin des Bundesverbands Ulli Jezik-Osterbauer, eröffnete Hagen Knafla (Horticon) den Reigen der Referenten. Er gab einen Überblick über die zur Verfügung stehenden gängigsten Ersatzstoffe für den umstrittenen Torf. Die Herausforderung dabei sei, diese in ausreichender Menge und Qualität bereitzustellen.

Für Holzfasern gilt z. B. dass nicht jede Holzzerkleinerung auch zu gartenbaulich geeigneter Holzfaser führt, diese müsse nämlich auf reinen Hackschnitzeln beruhen und bestimmte Anforderungen erfüllen. Meist sind die eingesetzten Holzfasern im Substrat eingefärbt und so weniger auffällig, will man aber z. B. proaktiv auf Kunden zugehen, bietet es sich an auf ungefärbte, helle Fasern zurückzugreifen, die sich klar abheben. Feine Holzfasern könnten mit ihrem Wasserspeicherungsvermögen eventuell einen Ersatz für Kokosprodukte bieten bei denen besonders auch der hohe Frischwasserverbrauch in den Herkunftsgebieten für Kritik sorgt. Diesen umgehen Firmen bereits indem sie die Waschung in Europa durchführen, berichtete Knafla.

Neben Kompost (Achtung bei Fremdstoffen) und Rindenhumus kam auch Sphagnum (Torfmoos) zur Sprache, bei dem sich derzeit v. a. noch die Menge auch stark begrenzender Faktor zeigt. Xylit ist ein Nebenprodukt aus dem Braunkohleabbau und nicht langfristig verfügbar, weitere organische Stoffe wie Reisspelzen, Flachsschäben, Kakaoschalen, Gärreste, Hanffasern und Reet sind eher regional verfügbar für einzelne Erdenwerke. Wobei sich Gärreste in Zukunft vielleicht als wichtiger Stoff erweisen könnten, wenn es zum Ausbau von Biogasanlagen kommt.

Zu den Verfügbarkeiten sagt Knafla, dass die Produktion von Holzfaser noch deutlich steigerbar ist, eine Einschränkung durch Nutzungskonkurrenz aber möglich sei. Im Falle von Kokosmark ist diese kein Problem, Logistik und Kosten seien aber herausfordernd. Bei Frischkompost stellt sich eine Konkurrenz zur Landwirtschaft dar, die Gesamtmenge ist nicht wesentlich steigerbar und durch das hohe Gewicht steigen auch die Logistikkosten. Dasselbe gilt für Rindenhumus, hier seien noch leichte Steigerungen möglich.

Mineralische Stoffe sind nicht für jeden Einsatz geeignet und nur begrenzt steigerungsfähig, dazu kommt, dass nur volumenbringende Stoffe interessant sind. Einen 100 %igen Ersatz im Profibereich sieht Knafla als großen Schritt, das Problem seien die letzten 30 % wegen der nicht zu ersetzenden Eigenschaften des Torfes. Bis 2030 wie in Deutschland von der Politik gefordert gehe sich diese Reduktion nicht aus.

Verfügbarkeit und Probleme

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Alex Mathies © Screenshot beim Online-Fachtag

Alex Mathis von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften präsentierte die Ergebnisse zweier Studien zu Ökobilanzen von Substratkomponenten und Substratmischungen. Es standen dabei 20 Substratkomponenten und sechs Mischungen im Fokus. Er wies bei seinem Beitrag auch auf Einschränkungen in der Verfügbarkeit sowie auf soziale Probleme der Komponenten hin. So sind Xylit und Torf limitiert verfügbar, genauso wie das Land für den Anbau für Torfmoos. Bei Reisspelzen, Holzschnitzel und Pflanzenkohle ergebe sich eine Preisabhängigkeit aufgrund der konkurrierenden Energiewirtschaft. Sowohl bei Reisspelzen als auch Kokosprodukten komme es in den Herkunftsländern zu Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Wasserkonflikten.

Fazit der Studie war, dass alle untersuchten Substratkomponenten einen tieferen CO2-Fussabdruck hatten als Torf und auch die Gesamtumweltbelastung bei 80 % deutlich tiefer als bei Torf liegt. Die Verwendung von Kompost hat allerdings eine gewisse Belastung (sowohl bezüglich CO2 als auch gesamt) zur Folge, wobei hier starke Schwankungen je nach Kompostierung und Ausgangssubstrat erkennbar sind. Es gäbe auch nicht einen Ersatzstoff für Torf (Ausnahme Kokos bei Gemüsepflanzen), für die spezifischen Anforderungen müssen Mischungen bereitgestellt werden. Zu empfehlen wären Ersatzstoffe, die ohne großen Aufwand verwendbar sind, nicht in Nutzungskonkurrenz mit anderen Bereichen stehen und auf lokalen Reststoffen oder Abfällen aus der Forst- und Landwirtschaft basieren. Wir berichteten zu diesen Studien bereits in unserer Februar-Ausgabe.

Torfersatz bei Zierpflanzen

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Katja Arndt © Screenshot beim Online-Fachtag

Nachdem der erste Teil der Tagung einen Überblick über mögliche Ersatzstoffe gab, widmete sich der zweite Teil wissenschaftlichen Praxisversuchen in Betrieben. Dazu stellte Katja Arndt, LVG Hannover-Ahlem, das Modell- und Demonstrationsvorhaben TerZ (Torfersatz im Zierpflanzenbau) und seine bisherigen Ergebnisse in 24 Betrieben Deutschlands vor.

Nach einer Einführungsphase mit Kulturauswahl und zuerst geringer Torfreduzierung (um schnell auf Probleme aufmerksam zu werden) im Jahr 2019 folgte 2020 die Optimierungsphase. Hier sollte der Torfanteil bei maximal 50 % liegen, die Kulturführung wurde angepasst. Dieses Ziel erreichten im Folgejahr bereits 22 Betriebe. 2022 folgt nun die Festigungsphase in der sich die torfreduzierten Substrate als Standard etablieren sollen. 95 % der Projektsubstrate enthielten Holzfaser, 41 % Kompost, 36 % Ton, 34 % Perlite, 27 % Kokos und 23 % Rindenhumus. Es zeigte sich, dass es durch den verstärkten Einsatz von Ersatzstoffen zu stärkeren Schwankungen im Bereich von Nährstoffen und pH-Wert kommt, kurzfristigere und regelmäßigere Analysen und eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Kultur sind vonnöten.

In ihrer Vorstellung der Ergebnisse konzentrierte sich Arndt bewußt auf die Unterschiede, die auftraten. Besonders bei Töpfen, die am Rand stehen, stellte sich die Wiederbenetzbarkeit als schwieriger heraus. Im Beet- und Balkonbereich zeigten sich nur wenig bis gar keine Unterschiede, leichte Wasser- und Düngeranpassungen waren z. T. notwendig, bei Fuchsien kam es zu Wachstumsverzögerungen von ca. 10 Tagen. Poinsettien und Cyclamen stellten sich als anspruchsvoller heraus, das Kulturrisiko ist durch die längere Standzeit mit Schwankungen im Nährstoff- und pH-Wert-Bereich höher. Die große Hitze im Sommer 2021 verstärkte bestehende Problem. Hier traten zwar Ausfälle und Qualitätseinbußen auf, es kam aber auch zu Erfolgen. Für eine erfolgreiche Umstellung empfiehlt Arndt einen schrittweisen Ersatz und regelmäßige Kontrollen bei Bewässerung und Düngung. Ein Ersatz von 50 % Torf im Substrat ist möglich.

Torf in Baumschulen ersetzen

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Inga Binner © Screenshot beim Online-Fachtag

Dem Torfersatz in Baumschulen widmet sich seit 2020/21 das Projekt ToSBa, das von Inga Binner von der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Bad Zwischenahn vorgestellt wurde. Nach der Einführungsphase 2020/21 folgt nun die Optimierungsphase für die zehn Betriebe im Norden Deutschlands. Ziel ist es torfreduzierte Substrate als Standard einzuführen.

Die Erfahrungen aus dem ersten Kulturjahr stellte sich durch die extremen Niederschläge gleich als besondere Herausforderung dar und rückte in den Fokus, dass die Substrate mit Ersatzstoffen sowohl in nassen als auch in trockenen Jahren funktionieren müssen. Das kann sich aber erst durch längere Beobachtungen herausstellen. Als Ersatzstoff kam v. a. Holzfaser zum Einsatz, bei den meisten Betrieben mit 40 bis 60 %, in Großcontainern startete man nur mit Minimalsteigerungen aufgrund des höheren Risikos.

Gesamt gesehen gab es bei mehr als 90 % der Kulturen keine Probleme, z. T. traten aber auch Unterschiede auf. Wobei sich hier die Frage stellte, ob diese eventuell auch auf die Niederschlagsmenge zurückzuführen waren, z. B. wuchsen Forsythien im torfreduzierten Substrat besser da dieses weniger vernässte. Bei Weißbuchen zeigte sich mit Kompost allerdings wieder eine stärkere Vernässung, das könnte in einem trockenen Jahr Vorteile bringen. Prunus-Pflanzen im ToSBa-Substrat mit Holzfaser, Kompost und Rindenhumus entwickelten sich ebenfalls schlechter, hier stellte sich heraus, dass das auf einen am Kulturbeginn zu hohe Kalium- und Phosphat-Versorgunen zurückzuführen sein könnte. Eine Beimischung von Ton und angepasste Düngung soll nun Abhilfe schaffen.

In der weiteren Folge sollen nun kulturtechnische Anpassungen erfolgen und die meisten Substrate werden noch ein weiteres Kulturjahr angewendet, da möglicherweise eine andere Witterung unterschiedliche Ergebnisse bringen kann. Wichtig sei, so Binner, zu schauen wie das Substrat im Betrieb funktioniert sowie Schritt für Schritt vorzugehen, denn es gibt große Unterschiede je nach Kulturbedingungen. Ein Torfersatz ist aber auch in Baumschulen zumindest in Teilen möglich.

Angewandte Forschung

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Johannes Henzler © Screenshot beim Online-Fachtag

An der Staatsschule für Gartenbau in Stuttgart-Hohenheim finden auch immer wieder Versuche mit torffreien bzw. torfreduzierten Substraten – v. a. bei Zierpflanzen aber auch im Gemüsebau – statt. Dazu gab Johannes Henzler einen Überblick. Bei zwei seiner vorgestellten Versuche standen Poinsettien im Mittelpunkt. Man wollte sehen ob sich durch die Verwendung von unterschiedlicher Menge an Torfreduktion (15 bis 100 %) Auswirkungen auf Habitus und Qualität sowie Wurzelqualität und Durchwurzelung ergeben. Die Pflanzen aus Substraten mit weniger Reduktion zeigten sich geringfügig homogener, diese Differenz relativierte sich aber in der Bewertung des Gesamteindrucks wieder wo sich eine durchgehend gute Qualität zeigte. Bei der Durchwurzelung stach ein Vertreter der torffreien Substrate mit deutlich besserer Wurzelbildung hervor.

Im zweiten Weihnachtsstern-Versuch ging man der Frage nach ob bei Verwendung von torffreiem Substrat mit Kompostanteilen und weichem Wasser eine ammoniumbetonte Düngung von Vorteil wäre (das hat ein Versuch mit Calibrachoa ergeben). Im Versuch standen drei Dünger mit 1,4 % NH4, 8 % NH4 und 10,5 % NH4. Die stärkste Differenz zwischen den getesteten Substraten in Bezug auf Homogenität zeigte sich beim Dünger mit dem höchsten NH4-Anteil, genauso sank auch hier der pH-Wert am stärksten ab. In dieser Düngergruppe ergaben sich auch die besten Gesamteindruck-Ergebnisse.

Im Versuch mit Erysimum kamen zwei torffreie und ein torrduziertes Substrat zum Einsatz. Es zeigten sich kaum Unterschiede in den Kulturen, bei torffreier Kultur entwickelten sich mehr Blüten. Im vergangenen Jahr ergab sich noch ein interessanter Screening-Versuch zur Herstellung eines Torfersatzproduktes aus Champost und Biogasgärresten (BIOTORF). Im Blickpunkt stand die Frage ob in diesem Substrat etwas wächst und wie es sich darstellt. Man probierte unterschiedliche Kulturen aus wie Primula, Viola, Chinakohl, Basilikum in unterschiedlichen Waschungsgraden von Champost und Biogasgärresten sowie einer Kontrollgruppe. Das Wachstum stellte sich in diesem ersten Tastversuch gleichmäßig dar, tiefer gehenden Versuch folgen noch. Auch Henzler ist der Meinung, dass eine völlig torffreie Kultur nicht möglich sein wird und es wohl immer eine Mischung geben müsse.

Versuch macht klug

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Elke Ressmann © Screenshot beim Online-Fachtag

Zum Abschluss berichteten zwei Gärtnerkollegen von ihren Erfahrungen mit torfreduziertem Substrat im eigenen Betrieb. Elke Ressmann, Blumen Ressmann in Oberwölz/Stmk, führt einen gemischten Endverkaufsbetrieb auf 812 m Seehöhe und dementsprechenden Kulturbedingungen. Der Betrieb ist einer der wenigen, der sein Substrat noch selbst mischt und dabei den eigenen Grünschnitt verwendet. Dieser lagert drei Jahre lang ab, wird dann gesiebt und im Dampfkessel mit Förderband gedämpft. Nachdem seit Jahren die gleiche Mischung verwendet wurde gab es 2006 plötzlich aus unbekannten Gründen Ausfälle. Nach Gesprächen mit Kollegen stellte Ressmann die Mischung um auf zwei Teile Weißtorf, ein Teil Kompost und ein Teil Rindenhumus, dazu kommen noch Dünger und Tongranulat. In dieses topft der Betrieb beinahe alle selbstgezogenen Pflanzen des Beet- und Balkon sowie Gemüsesortiments.

Die Probleme mit Wiederbenetzung bzw. Vernässung bekomme man mit eher trockener Kultur und dafür durchnässender Bewässerung gut in den Griff. Wurzelbild und Pflanzenentwicklung passen gut, es hat sich eingebürgert, die Pflanzen zuerst in kleineren Töpfen zu ziehen bis diese durchwurzelt sind und dann noch umzutopfen und eventuell ein bisschen zurückzunehmen – eine Mehrarbeit, die sich aber auszahlt, so Ressmann. Die Kultur verläuft kühl, so passen sich die Pflanzen an das herrschende Klima an. Grundsätzlich läuft im Betrieb viel nach Gefühl, Messungen von pH-Wert oder Nährstoffen führe man kaum durch. Ihr Grundsatz sei „Versuch macht klug.“

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Xandl Schmidhammer © Screenshot beim Online-Fachtag

Xandl Schmidhammer, Hameter GmbH in Baumgarten/Bgld, arbeitet seit 2010 mit einem zugekauften torfreduzierten Substrat mit biologischer Aufdüngung. Der Grad der Torfreduktion schwankt in den Jahren immer etwas. Die biologische Aufdüngung bedingt ein Substrat, dass Kompost oder Rindenhumus beinhaltet, ein höherer Anteil an Holzfasern fresse nämlich den Stickstoff weg. Schmidhammer gibt auch zu bedenken, bei der Verwendung von Hornspänen aufzupassen in welcher Größe diese enthalten sind, oft sei es nämlich Grieß und damit zu kleinteilig und zu schnell verfügbar. Bei Hameter erfolgt die Düngung über Flüssigdünger im Anstauverfahren und Regenwurmkomposttee im Übergussverfahren damit auch die Blätter erreicht werden wo die aeroben Mikroorganismen viele Schaderreger verdrängen können. Bei einer biologischen Aufdüngung und torfreduziertem Substrat müsse man ein bisschen probieren wie es am besten funktioniert, bei normaler Düngung funktioniere die Torfreduktion bis zu 50 % sehr gut. Ein torffreies Substrat habe er auch bereits ausprobiert, es liegt im Preis aber weit über dem torfreduzierten und bisher habe kein Kunde danach verlangt.

Auch wenn die Diskussionen über Torfverwendung weitergehen werden, eine teilweise Reduktion ist möglich, da sind sich alle Vortragenden einig, und würde – auch wenn der Anteil des Gartenbaus nicht so groß ist – den Verbrauch und Abbau von Torfstätten verringern. Die Forschung an Ersatzstoffen läuft weiter und wird sich noch weiterentwickeln, ein vollständiger Ersatz bei gleichbleibender Produktion ist derzeit aber nicht in Sicht.