Eigentlich müsste in jeden Kühlschrank eine Zeitschaltuhr eingebaut werden, die regelmäßig das Licht an- und ausschaltet. Damit ließe sich auch nach der Ernte der Nährwert von Pflanzenprodukten beeinflussen und sogar verbessern. Das zeigt eine aktuelle Studie. Denn nicht nur Menschen, sondern auch Pflanzen reagieren auf den Tag-Nacht-Rhythmus. Das Licht ist der Taktgeber für die Produktion von pflanzlichen Inhaltsstoffen, die Fraßfeinde abschrecken und auch für die Medizin von Bedeutung sind.
Es ist bereits bekannt, dass Pflanzen ihre innere Uhr mit äußeren Zeitgebern synchronisieren. Die Photosynthese-Apparate stehen bereits vor Sonnenaufgang bereit und erwarten die ersten Lichtstrahlen. Die Blüten öffnen sich erst, wenn die richtigen Bestäuber unterwegs sind. Und da gefräßige Insekten vor allem tagsüber hungrig sind, fahren Pflanzen am frühen Morgen ihr Verteidigungsprogramm hoch.
Lichtschalter für das Gemüsefach?
Ein Team von amerikanischen Wissenschaftlern hat jetzt herausgefunden, dass diese natürlichen Biorhythmen (sog. circadiane Rhythmen) auch nach der Ernte beibehalten werden können. Wenn die Lichtverhältnisse stimmen, tickt die innere Uhr weiter. „Obst und Gemüse können selbst nach der Ernte noch auf Lichtsignale reagieren und ihren Stoffwechsel so verändern, dass das einen Einfluss auf den Nährwert und die Insektenresistenz hat“, erklärt Janet Braam, eine der Autorinnen der Studie.
Kohlköpfe reagieren auf Tag-Nacht-Rhythmus
Zunächst hat ihre Arbeitsgruppe nur Weißkohl untersucht, da diese Pflanze nah verwandt ist mit der beliebten Laborpflanze Ackerschmalwand. Kohlköpfe aus dem Supermarkt und gefräßige Schmetterlingslarven (Trichoplusia ni) wurden einem gleichmäßigen Rhythmus von 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht ausgesetzt. Doch nicht allen wurde die gleiche Zeitzone simuliert. Ein Teil der Kohlblätter lebte im Gleichtakt mit den Schmetterlingslarven, ein Teil lebte gegenphasig, also genau 12 Stunden zeitversetzt. Als nach 3 Tagen das Buffet freigegeben wurde, stürzten die Schmetterlinge sich auf die gegenphasigen Kohlblätter. Die anderen wurden weitgehend verschont, denn sie hatten mit dem morgendlichen Angriff gerechnet und Glucosinolate produziert.
Auch Kohlblätter, die 24 Stunden entweder im Dunkeln oder im Licht verbracht hatten, waren ein gern gesehenes Fressen. Da das Licht als äußerer Taktgeber fehlte, war ihre biologische Uhr durcheinander gekommen.
Einfluss auf den Erntezeitpunkt
„Es könnte eine Überlegung wert sein, Pflanzen nur zu bestimmten Zeitpunkten zu ernten, einzufrieren oder auf andere Art haltbar zu machen, nämlich dann, wenn die Nährstoffe und andere wertvolle Inhaltsstoffe am höchsten sind“, gibt Braam zu bedenken. Für den Kohl wäre das 4 bis 8 Stunden nachdem das Licht eingeschaltet wurde der Fall.
Die Wissenschaftler haben das Experiment später mit Eisbergsalat, Spinat, Zucchini, Süßkartoffel, Möhren und Blaubeeren wiederholt. Auch in diesem Gemüse wurde die Konzentration der Abwehrstoffe durch den Licht-Dunkel-Rhythmus gesteuert.
Höchstwahrscheinlich reichern sich auch andere wichtige Nährstoffe und wertvolle Inhaltstoffe abhängig von der Tageszeit in Obst und Gemüse an, so vermuten die Forscher. Wer also das Gesündeste aus seinem Gemüse herausholen will, sollte es lieber einem Hell-Dunkel Zyklus aussetzen, statt es in den dunklen Kühlschrank zu sperren.
Quelle: Pflanzenforschung.de