Interessanter Vergleich
"Früher war alles besser, heute können wir uns ja nicht einmal mehr das Heizen leisten" – Aussagen wie diese halten einer sachlichen Prüfung nicht stand.
DI Ralf Ludewig vom Landesratsamt Tübingen sprach dazu die stark angestiegene Energieeffizienz im Gartenbau an. Wurde Anfang der Achziger Jahre von einem Topfpflanzenbetrieb noch zwischen 0,6 und 0,96 l Heizöl für einen Euro Eigenproduktion aufgewendet, lag die Spanne im Jahr 2007 nur noch zwischen 0,08 und 0,12 l! Dies macht die Preiserhöhung des Heizöls im selben Zeitraum mehr als wett. Diese Effizienzsteigerung ist natürlich nicht auf Temperaturabsenkung, sondern auf erhöhte Eigenproduktivität und technische Enwicklungen (Blockbauweise, Verglasung, Energieschirm etc.) zurückzuführen. Derzeit liegt der durchschnittliche Anteil von Heizmaterial am Betriebsaufwand nur bei 7,5 %.
Trügerischer Rettungsanker
Vor allem Anfang dieses Jahrzehnts gingen die Wogen hoch – Anbieter alternativer Energieträger fanden nicht selten ein offenes Ohr, als Hauptproblem hat sich hier aber die extrem unsichere Preisentwicklung herauskristallisiert. Ludewig nannte das Kind beim Namen: Viele Firmen, die damals umstiegen, sind heute bankrott.
Ein Blick auf den Energieträger Palmöl verdeutlicht dies: Der damalige Preis von 300 E/t war die Grundlage einer optimistischen Berechnung, wobei man eine Erhöhung auf 600 E/t als Worst Case Szenario einbezog. Der derzeitige Preis liegt bei 900 E/t.
Erfahrung entscheidend
Erst durch die Erfahrung über die Preisentwicklung der vergangenen Jahre lassen sich auch seriöse Voraussagen zu Pellets und Hackschnitzel machen. Das zu erwartende Einsparungspotenzial steht den spezifischen Anlagekosten etwa für eine Holzhackschnitzelanlage gegenüber, demnach richtet sich die Wirtschaftlichkeit eines Umstiegs vor allem nach dem jährlichen Energieverbrauch. Ludewig gab dazu eine klare Empfehlung ab: Liegt der Verbrauch unter 50.000 l im Jahr, ist ein Umstieg nicht sinnvoll, darüber gilt es abzuwägen. Ab einem Verbrauch von 100.000 l amortisiert sich die Investition sehr schnell.
"Je älter, je kälter!"
Effiziente Energiewirtschaft bedeutet manchmal auch den Abschied von alten Traditionen. So ist Ludewig in seinem Beratungsalltag nicht selten mit Aussagen konfrontiert wie "diese Kultur haben wir schon immer hier gehabt". Aufgrund der schrittweisen Weiterentwicklung und Modernisierung in einem Durchschnittsbetrieb liegt aber hier oft großes Einsparungspotenzial verborgen. Logischerweise gehören Kaltkulturen in die ältesten Häuser, um den Energieverlust so gering wie möglich zu halten.
Energiecheck
Ein Energiecheck zeigt allerdings auch deutlich, dass die alten Häuser die höchsten Einsparungspotenziale bei niedrigem Investitionsaufwand aufweisen. Oftmals sind die Schäden in der Gewächshaushülle mit bloßem Auge zu erkennen, durch den Kamineffekt wird hier viel verschenkt. Auf die Frage nach dem Sinn einer Wärmebildanalyse reagiert Ludewig eher skeptisch: "Meistens ist dieses Verfahren aufgrund offensichtlicher Schäden nicht nötig, außerdem sind die Systeme noch nicht ausgereift."Neben der Optimierung des Lichteinfalls (Scheibenreinigung, ev. Wechsel der Eindeckung) ist der Energieschirm bei einer Kultur oberhalb von 10 °C auch ein zentrales Thema. Hier gibt Ludewig einen entscheidenden Tipp aus der Praxis: "Achten Sie weniger auf das Material, als auf die Einbauqualität bei der Montage!" Schließen die Schirme nicht vollständig, ist der Energieverlust enorm.
Heizungssystem prüfen
Die Heizung muss an den Pflanzenbestand gebracht werden, in der Praxis wird dies meist mit der Untertischheizung realisiert. In alten Gewächshäusern ist man oft mit Wandrohrheizungen konfrontiert, hier empfiehlt Ludewig eine Isolierung zwischen Heizrohren und Glas, wo die Lichtminderung unrelevant ist. Hier haben sich preisgünstige, weiße Styroporplatten bewährt, zur Dämmung im Außenbereich bietet sich das feuchtigkeitsunempfindliche Styrodur an.
Unterschätzt wird generell auch die Auswirkung von Messfehlern, der Temperaturfühler sollte demnach im Zentrum des Hauses in Pflanzennähe positioniert sein, auch die Messgenauigkeit muss regelmäßig kontrolliert werden. Ungleichmäßige Temperaturverteilung ist ein alltägliches Phänomen, die große Temperaturdifferenz über und unter dem Energieschirm hat einen hohen Durchgang zur Folge. Ludewig empfiehlt daher dringend, sich mit dem Thema Ventilator auseinanderzusetzen. Ein nächtlicher Betrieb unter dem geschlossenen Energieschirm vermindert den angesprochenen Effekt merklich. Erfahrungsgemäß liegt die Wurfweite des Ventilators im Idealfall bei 40 bis 50 m bei einer Wurfbreite von 12 m, die Luftgeschwindigkeit zwischen 0,05 und 0,1 m/s.
Ein Einsparungspotenzial von 15–20 % ohne Kulturzeitverlängerung oder Qualitätsverluste sieht Ludewig auch in der Nutzung dynamischer Heizsteuerungsprogramme. Als Beispiel nannte Ludewig die Software von RAM und Hempel+Ruicker, auch die Pillnitz-Box für Analog-Einzelregler zeichnet sich durch ihre geringen Investitionskosten (ca. 650 Euro pro Abteilung) aus.
Aktiv werden
Ludewigs Fazit fiel deutlich aus: Anstatt die Energiekosten für unrentable Produktion verantwortlich zu machen, sollte man im Rahmen seiner Möglichkeiten den Betrieb dem Stand der Technik anpassen (s. Artikel "Sanierung kann sinnvoll sein"), viele Verluste sind einfach auch auf mangelhafte Wartung und Pflege zurückzuführen.