Der allen Gärtnern bekannte Gattungsname für die Fetthennen lautet Sedum. Seit Jahren gibt es dazu in Fachkreisen jedoch Diskussionen, die nun zu tiefgreifenden Namensänderungen geführt haben. Die Gattung gilt taxonomisch als schwierig und sobald es sich um Gartenmaterial mit zum Teil ungeklärter Herkunft handelt, fehlen oft genaue Untersuchungen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Zukunft weitere Veränderungen bringen wird.
In Übereinstimmung mit verschiedenen Autoren (JALAS 1999, FISCHER et al. 2005, FOC 2006) und dem Chairman der englischen Sedum Society (STEPHENSON pers. Mitt.) folgt die HBLFA der im untenstehenden Kasten aufgelisteten Schreibweise. Alle hier veröffentlichten Sortennamen wurden genau auf ihre korrekte Schreibweise geprüft und sollten so in Kataloge und Listen übernommen werden.
Versuchsdurchführung
Während der Sichtungszeit wurden u.a. die folgenden Merkmale des Sortiments bonitiert: Krankheiten und Schädlinge, Standfestigkeit, Habitus, Pflanzenhöhe und –breite, Blütezeit, Breite und Höhe des Blütenstandes, Anzahl der Blütenstände, Blütenflor („Reichblütigkeit"), Blütenund Blattschmuck, Blütenfarbe, Wüchsigkeit und Gesamteindruck. Der Rückschnitt der Parzellen erfolgte in der Regel im November.
Als Startdüngung wurden im Pflanzjahr 2001 Hornspäne eingearbeitet (ca. 40g/m²). Im weiteren Verlauf wurde in Anlehnung an Ergebnisse von Bodenproben organisch oder mineralisch gedüngt. Um mastigen Wuchs und Umfallen zu vermeiden, wurde die Jahresgabe auf den Bedarf mittelstarkwüchsiger Stauden ausgerichtet. Pro Art bzw. Sorte wurden meist sechs Pflanzen gesetzt. Der Standort ist vollsonnig und der Boden wurde mit Sand leicht abgemagert. Die Pflanzparzellen liegen alle in langen Reihen dicht nebeneinander.
Starke Ausfälle
Von den angebauten Arten haben zwölf einen starken Ausfall verzeichnet.
Aufgrund des Befallsdrucks durch den Dickmaulrüssler wurden im Frühjahr und im Spätsommer die Versuchsflächen und ihre Umgebung mit Nutznematoden gegossen. Im Frühjahr konnte in mehreren Jahren ein mehr oder weniger starker Läusebefall festgestellt werden (Schwarze Bohnenlaus). Um das Sichtungsergebnis nicht zu verfälschen, wurden keine Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt.
Starken Befall zeigten: Hylotelephium maximum 'Album', 'Gooseberry Fool', 'Grünfink' sowie H. purpureum var. borderi. Eine Parzelle von H. erythrostictum 'Mediovariegatum' lag zwischen mittlerem und starkem Befall. An vielen Fetthennen-Sorten wurde hauptsächlich und regelmäßig ab Juli die Septoria-Blattfleckenkrankheit, verursacht durch Septoria sedi, nachgewiesen: Hylotelephium purpureum ’Album’, H.purpureum var. borderi, H.maximum ’Selectie’, H. purpureum ’Atropurpureum’, H. caucasium, H. ’Stewed Rhubarb Mountain’, H. erythrostictum ’Frosty Morn’, H. ’Purple Emperor’, H.’Marchants Seedling1’, H.’Aquarell’, H. maximum subsp. ruprechtii ’Hab Gray’.
Auf den graubraunen Flecken bilden sich bei entsprechender Luftfeuchte zarte weiße Sporenranken, es kommt zu massivem Blattfall. Aus Stängelwelken an den Sorten H.’Strawberries and Cream’ und ’Purple Emperor’ konnte Fusarium solani nachgewiesen werden.
Standfestigkeit
Die Standfestigkeit wurde einmal zur Vollblüte erfasst, im Falle einer späteren Verschlechterung nochmals. Unterteilt wurde in drei Hauptstufen: gut, mäßig, gering sowie zwei Zwischenstufen: mäßig bis gut und gut bis mäßig. Die beste Bewertung konnten nur Versuchspflanzen erzielen, die über die gesamte Sichtungsdauer hinweg sehr gute oder gute Boniturnoten aufwiesen. Bei Phedimus takesimensis ist der natürliche Wuchs nicht straff aufrecht, sondern niederliegend bis aufrecht, die Art bildet aber dichte und vieltriebige Stöcke von gutem Gesamteindruck. Auch H. cauticola 'Robustum' und H. maximum subsp. ruprechtii sind nur anfangs mehr oder weniger aufrecht und legen sich dann bogig nieder. Die Stockmitte zeigt sich offen, bei H.cauticola bald sogar laublos. Der Gesamteindruck kann nur als mäßig bis schlecht bezeichnet werden.
bisheriger Name | neuer, akzeptierter Name |
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Sedum cauticola | Hylotelephium cauticola |
Sedum erythrostictum | Hylotelephium erythrostictum |
Sedum telephium | Hylotelephium maximum |
subsp. maximum | |
Sedum telephium | Hylotelephium purpureum |
subsp. telephium | |
Sedum telephium | Hylotelephium maximum |
subsp. ruprechtii | subsp. ruprechtii |
Sedum spectabile | Hylotelephium spectabile |
Sedum aizoon | Phedimus aizoon |
Sedum takesimense | Phedimus takesimensis |
Blüten und Blattfarben
Bei der Bestimmung der Blütenfarbe mussten bei einigen Arten/ Sorten sowohl Kronblätter (Petalen) als auch Fruchtblätter (Karpelle) benannt werden, da beide farbwirksam sein können (z.B. die bekannte alte Sorte 'Herbstfreude'). Vorherrschende Blütengrundfarben im Sortiment sind rot (z.B. 'Abendrot', 'Lisa'), rosa (z.B. 'Matrona', 'Purple Emperor'), seltener gelb (Phedimus aizoon, Ph. takesimensis), weiß ('Stardust', 'Iceberg') und gelbgrün (alle Sorten, die H. maximum zugeordnet werden können, z.B. 'Gooseberry Fool', 'Green Expectations').
Aus der Sicht des Blattschmucks konnten insgesamt fünf Farbgruppen grob abgegrenzt werden: Grünlaubig (die meisten Arten bzw. Sorten), rotlaubig (z.B. 'Purple Emperor', 'Autingas'), graugrünlaubig (z.B. H.maximum subsp. ruprechtii, aber auch 'Aquarell'), weißgrün ('Frosty Morn') bzw. gelbgrün (H.erythrostictum 'Mediovariegatum') und grünrotlaubig (z.B. 'Matrona', Veluwse Wakel').
Sowohl die rotlaubigen als auch die weißoder gelbgrünen Sorten zeigten aber eine schlechte Blattgesundheit, am schönsten wirken hier oft die jüngeren Triebe ohne Blüten. Alle weißbzw. gelbgrünen Kultivare sind nicht stabil und treiben reingrüne Sprosse. Bei 'Frosty Morn' waren am Ende der Sichtung fünf von sechs Versuchspflanzen stark in die grüne Farbe der Art zurückgefallen.
Blütenflor, Blütenschmuck und Wüchsigkeit
Der Blütenflor wird einmal zur Hauptblütezeit erhoben, bewertet wird nach einer Skala von 1 bis 9 (1= sehr gering, 3= gering, 5= mittel, 7= reich, 9= besonders reich). Er wird verknüpft mit dem Zierwert einer Blüte („Blütenschmuck"). Für neun Sorten konnte die Einstufung „reicher Blütenflor mit hohem Zierwert" vergeben werden, darunter 'Aquarell', Herbstfreude', 'Joyce Henderson', 'Matrona' und 'Lisa'. Die Einstufung der Wüchsigkeit erfolgt einmal pro Jahr, meist in der zweiten Jahreshälfte. Die Wüchsigkeit wird in vier Bewertungsstufen eingeteilt („gut wüchsig", „gut bis mäßig wüchsig", „mäßig wüchsig" und „schlecht wüchsig"). In der besten Kategorie wird streng vorgegangen, es dürfen bei den Bonituren nur sehr gute und gute Werte vergeben worden sein (z.B. 'Abbeydore', 'Veluwse Wakel'). Auch die zweite Stufe erfordert noch eine Mehrzahl von guten oder sehr guten Boniturwerten (z.B. H. maximum subsp. ruprechtii, Phedimus takesimensis).
Diskussion ausgewählter Sorten
'Abendrot', Brillant', 'Carmen', 'Meteor', 'Rosenteller' und 'Septemberglut': Eine eindeutige Bestimmung dieser Sorten mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Literatur erscheint im Moment nicht möglich, die Angaben sind eher spärlich, sehr widersprüchlich und Originalzüchterdaten liegen nicht vor. Solange eine genauere Klärung nicht erfolgt ist, wird von der HBLFA keine Sortenbewertung publiziert. Bei einem Vergleich der Literatur und diverser Kataloge lässt sich jedoch schon eindeutig feststellen, dass der Kultivar 'Brillant' nicht hellrosa, sondern deutlich dunkler sein muss (ARENDS, 1951: dunkelrot; WAYSIDE NUSERIES, 1951: „rich Amaranth-red"; SILVA TAROUCA 1927: dunkelrot; FOERSTER, 1987: karminrosa).
Unterschied 'Herbstfreude' zu 'Indian Chief'?
Beim Zweifelsfall 'Herbstfreude' und 'Indian Chief' wird auch keine Bewertung für die Letztere publiziert, solange weiterführende Untersuchungen nicht Klarheit über ihren Status ergeben haben. In der Literatur gibt es Hinweise, dass die beiden Kultivare identisch sind (z.B. HUDAK 1993).
Am Ende der Sichtung lassen sich nach Vergleich aller Merkmale wenige bis gar keine signifikanten Unterschiede feststellen: Die als 'Indian Chief' bezeichnete Pflanze wird hier nicht höher und hat auch keine größeren Blütenstände. (Vergleich der Blütendurchmesser: 'Herbstfreude' [Herkunft Königshof/FELDWEBER]: 10-15 cm, 'Indian Chief' [Herkunft KREß]: 10-15 cm). Grundsätzlich zeigten viele Sorten im ersten Standjahr außergewöhnlich breite Blütenstände bei untypisch niedriger Pflanzenhöhe. Messungen in diesem Zeitraum sind nicht repräsentativ. Mit zunehmender Stängelzahl können die Blütenstände wieder (deutlich) kleiner werden.
Gesamtbewertung des Sichtungssortiments
Am Ende einer vierjährigen Sichtungszeit wird aus dem Zusammenwirken aller Faktoren eine Gesamtbewertung vorgenommen. Aufgrund offener Fragen scheinen aber in der Bewertungstabelle nicht alle zuvor zum Teil beschriebenen Arten/Sorten auf. In Anlehnung an die Skala des deutschen Arbeitskreises Staudensichtung werden die übrigen Versuchspflanzen in bestimmte Kategorien eingeordnet.