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Winterharter Granatapfel

Ein Artikel von DI Dr. Katharina Hristoforoglu, HBLFA für Gartenbau-Wien | 01.12.2005 - 11:35
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Grundlage für die In-vitro-Vermehrung bildeten Jungtriebe eines winterharten P. granatum-Strauches eines Privatgartens in Innsbruck. Dieser besitzt leuchtend rotorange, 5 cm große, gefüllte Blüten, stammt ursprünglich aus Meran und wurde vor 20 Jahren in Innsbruck eingepflanzt. Auch nach strengeren Winterperioden konnten keine Schäden beobachtet werden.

Kälteresistenz
Laut wissenschaftlicher Arbeiten von Larcher (1970) treten ab einer Temperatur von -12 °C bis -20 °C Frostschäden zweiten Grades auf (Absterben von Knospen, verminderter Austrieb). Bei Temperaturen von -20 °C bis -30 °C kommt es zu starken Erfrierungen in der Sprossachse, was ein Absterben der Pflanze zur Folge hat.
Bei der Testung der ungarischen P. granatum-Klone auf Frostresistenz an der HBLFA für Gartenbau erwies sich der Klon ‘Cirmos’ deutlich winterhärter als die beiden Sämlingsklone Pa und Pb. Die einjährigen Versuchspflanzen waren im Dezember 2002 bis April 2003, Temperaturen von bis zu -15,3 °C ausgesetzt.

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Desinfektion von Sprossspitzen und Nodien
Schütteln in 1%igem PPM (Plant Preservative Mixture) für 26 Stunden. PPM ist ein Breitspektrum-Biozid der Firma Plant
Cell Technology, Inc, USA.
Schütteln in 25%igem Danclor (1,25 % aktives Chlor) plus zwei Tropfen Manosol für 5 min. Nach der Desinfektion wurden die Explantate fünf Mal mit sterilem Osmosewasser gewaschen.
Die In-vitro-Etablierung der desinfizierten Explantate erfolgte auf einem modifizierten Nährboden nach Murashige & Skoog (1962). Dabei handelte es sich um den Nährboden 1, der sich bei der In-vitro-Etablierung verschiedener Zierpflanzen und Gehölze bis jetzt am besten bewährt hatte. Der Nährboden 1 enthält die Phytohormone Indole-3-Buttersäure (IBA), Gibberellin (GA3) und Benzylaminopurin (BAP). Zusätzlich wurde der Nährboden 1 mit 0,2 % PPM  ergänzt.

In-vitro-Vermehrung
Die In-vitro-Vermehrung erfolgte auf dem Nährboden 465, der bereits erfolgreich bei den winterharten P. granatum-Selektionen aus Ungarn zur Anwendung kam.  Die Umstellung vom Nährboden 1 erfolgte nach sechs Wochen, wobei dem Nährboden 465 kein PPM zugesetzt wurde.
2 bis 4 cm große Mikrosprosse wurden in der sterilen Werkbank geschnitten, mit der Sprossbasis in 0,2 mg/l Indole-3-Buttersäure (IBA) getaucht und in TKS1, N4 oder Coco Peat gepflanzt.

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Hohe Anwachsrate
Bei der Desinfektion von Triebspitzen traten sowohl bei der PPM- als auch bei der Danclorbehandlung keine Kontaminationen auf. Der Anteil abgestorbener Triebspitzen war bei Danclor mit 20 % höher als bei PPM mit 14 %. Vergleicht man Triebspitzen und Nodien in der Desinfektion so trat ein deutlicher Unterschied auf. Während bei den Triebspitzen keine Kontamination sichtbar war, zeigten die Nodien eine Infektionsrate von 24 % bei PPM und 19 % bei Danclor . Der Anteil abgestorbener Nodien war analog der Desinfektion von Triebspitzen bei Danclor höher.
Der Durchtrieb an den kultivierten Triebspitzen und Nodien erfolgte nach 4 und 6 Wochen. An den meisten Explantaten trat Kallusbildung auf. In der Vermehrung auf Nährboden 465 zeigten die Triebspitzen zu 86 % (nach PPM-Desinfektion) und 80 % (nach Danclordesinfektion) einen Durchtrieb. Im Vergleich dazu konnte bei den Nodien ein deutlich geringerer Prozentanteil von 10 und 19 % ermittelt werden. Die jungen, unverholzten Triebspitzen dürften bei P. granatum das optimale Etablierungsmaterial sein, da einerseits keine Infektionen auftraten und andererseits eine sehr hohe Anwuchsrate erzielt werden konnte.
Bei der Akklimatisierung zu den Zeitpunkten 21. April und 5. Juli 2004 konnten auf den Substraten N4 oder TKS1 zufriedenstellende Anwuchsraten von 85 und 90 % erzielt werden. Analog den bereits bei den winterharten Selektionen aus Ungarn gewonnenen Erfahrungen musste auch bei der winterharten P. granatum-Selektion 'Tirol' über einen längeren Zeitraum beschattet werden, da die Jungpflänzchen sehr empfindlich auf Sonnenlicht reagierten.
Im Substratvergleich erwies sich hingegen Coco-Peat als nicht geeignet für die Akklimatisierung  aus der In-vitro-Vermehrung. Die in 0,2 mg/l IBA gepulsten Sprosse zeigten einen geringen Zuwachs und starben in weiterer Folge ab. Die auf N4 oder TKS1 kultivierten Punica granatum-Pflänzchen entwickelten sich zu kräftigen Pflanzen.

Orangerote ‘Tirol’
Die winterharte Selektion 'Tirol' unterscheidet sich in der Blüte von der winterharten Selektion 'Cirmos' aus Ungarn. Während die markante Blüte von 'Cirmos' rot-weiß gestreift ist, handelt es sich bei der Selektion 'Tirol' um eine orangerote Blüte. Bei beiden winterharten Selektionen dürfte es sich aufgrund der gefüllten Blüte um Zierformen handeln, die keine Früchte ausbilden.
Die Testung auf Winterhärte und Blütenbildung erfolgt ab dem Versuchsjahr 2005/06. Zurzeit wird von der neuen Selektion ‘Tirol’ ein Mutterpflanzenbestand aufgebaut.    n

Ein Quellenverzeichnis kann bei der Autorin angefordert werden.