shutterstock_1658393815.jpg

Durch eine Ausnahme im Gesetz können landwirtschaftliche Gartenbaubetriebe ihr Kunden im Pflanzen versorgen, viele bieten auch Hauszustellung an © sirtravelalot/Shutterstock.com

GESETZLICHE AUSNAHME

Landwirtschaftliche Gartenbaubetriebe stellen zu

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 27.03.2020 - 12:48

Landwirtschaftliche Gartenbaubetriebe fallen unter §2 der Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19. Damit sich die Kunden sicher fühlen, achten die Betriebe genau auf den gesetzlichen Abstand und auf die Hygienemaßnahmen. Zusätzlich haben viele Betriebe ihr Zustellservice stark ausgeweitet oder bieten Selbstbedienung vor den Gewächshäusern an. Hier weist der Bundesverband auf wichtige Punkte bezüglich der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht hin.

Die Produktion läuft weiter

Besonders schwierig ist die Situation für alle Produktionsbetriebe, die Gartencenterketten, Baumärkte und Floristen beliefern, es gibt für sie derzeit keinen Absatz. Auch viele Hotels werden auf Blumenschmuck verzichten und für die vorfinanzierte Produktion fehlen jetzt die Einnahmen.

Sehr schwer trifft das v. a. auch die heimischen Schnittblumenproduzenten – Floristikbetriebe sind geschlossen, Hochzeiten und Geburtstagsfeiern finden nicht statt, Begräbnisse sind nur begrenzt zu betreuen. Gleichzeitig kann aber die Produktion der Blumen nicht eingestellt werden, da es sich um lebende Ware handelt und es eine Zeit nach Corona geben muss. Wie haben hierzu auch bereits am 20. März mit Gartenbau Wallner gesprochen.

Laut der Gartenbauerhebung der Statistik Austria werden jährlich 16,5 Mio Frühlingsblüher wie Stiefmütterchen oder Primeln produziert und sollten eigentlich jetzt im Verkauf sein. Ab Mitte April folgen 28,7 Mio Beet- und Balkonblumen, 1,2 Mio Erdbeerpflanzen und 24 Mio Gemüsepflanzen und Topfkräuter. Im Juni ist die traditionelle Zeit zum Verkauf von Rosenpflanzen. Davon produzieren die heimischen Betriebe ca. 1,2 Mio.

Das reine Herbstsortiment beträgt im Gegenzug nur 9,7 Mio Herbstpflanzen. Gehölze und Stauden werden sowohl im Frühling, als auch im Herbst produziert, aber 2 Mio  Obstgehölze, 1,5 Mio Koniferen, 2,4 Mio Laubgehölze und 7,1 Mio Stauden sind ohne gesicherte Absatzwege im Frühling zu viel. Mit einem Produktionswert von 400 Mio Euro pro Jahr ist der Zierpflanzenbau ein wichtiger Teil der österreichischen Landwirtschaft.

Ein besonderer Saisonstart in der Gurken-Hauptstadt

Auch das Wiener Gemüse startet in eine neue Saison, Corona-bedingt in eine besondere, wie Märkte-Stadträtin Ulli Sima feststellt. In Sachen Landwirtschaft nimmt Wien eine Sonderstellung ein, die regionale Gemüseproduktion bewährt sich jetzt gerade besonders. Es gibt in Wien über 200 Gemüsebaubetriebe (v. a. Simmering, Donaustadt, Floridsdorf) – meist kleine Familienbetriebe, die ca. 40 verschiedene Sorten Gemüse anbauen. Im vergangenen Jahr konnten so 71.202 t Gemüse erzeugt werden.

Der Großteil der Wiener Landwirtschaftsflächen (mehr als 5.000 ha) ist Ackerland. 870 ha werden für Gartenbau – v. a. die Gemüseproduktion – genutzt. Auf rund 700 ha wird der weltberühmte Wiener Wein angebaut. Die Hauptkulturen (Tomaten, Gurken, Paprika) wachsen im Glashaus. Ein amüsantes Detail: Mit insgesamt 29.270 t geernteten Gurken (2019) und einem Anteil von 65,3 % an der österreichweiten Gesamtproduktion ist Wien „Gurken-Hauptstadt“ Österreichs.

Die Krise trifft ins Herz des Gartenbaus

Auch in Deutschland bringen die beschlossenen, und eindeutig wichtigen,  Einschränkungen viele Betriebe an die Existenzgrenze. Die Beschränkungen zu Beginn des Frühlings treffen den Zierpflanzenbau mitten ins Herz, wie der ZVG berichtet. In den Monaten März bis Mai werden in Deutschland geschätzt 38 % des Jahresumsatzes getätigt. Bezogen auf die Menge sind es sogar rund 47 % der Blumen und Pflanzen, die in normalen Jahren in diesen so wichtigen Monaten umgesetzt werden.

Die Gewächshäuser stehen jetzt voll mit Blumen und Pflanzen in bester Qualität und es steckt viel Arbeit, Wasser, Herzblut und Energie in ihnen. Eine Sonderumfrage zur aktuellen Geschäftslage der Zierpflanzenproduzenten zeigt, dass mehr als 50 % der Befragten über stornierte Aufträge berichten. Fast 80 % gehen von sinkenden Umsätzen aus.

Die Verbände auf Bundes- und Landesebene tun alles in ihrer Macht Stehende, um gemeinsam mit der Politik und den zuständigen Ministerien nach Wegen aus der Krise zu suchen. Die Politik ist aber nicht allein gefordert. Die Branche steht auch füreinander ein. Lasten teilen und nicht einseitig verschieben, müsse das Gebot der Stunde sein, so der ZVG.


Quellen: BV der Österr. Gärtner, Pressedienst Stadt Wien, ZVG