Ein Garten ohne sattgrünen Rasen – für die meisten Gartenbesitzer wohl kaum vorstellbar. Das Aussehen des horizontalen Grüns ist der Gradmesser für ihre Zufriedenheit oder eben Unzufriedenheit, wie es bei immerhin 80 % der Hobbygärtner der Fall ist.
Hohen Kundenansprüchen gerecht werden
Landschaftsgärtner bemerken es tagtäglich in der Arbeitspraxis: Die Ansprüche der Kunden werden zunehmend höher. Verlangt wird eine rasche und dauerhafte Begrünung – und am besten sollen die Flächen unmittelbar nach der Fertigstellung benützbar sein. Die Wahl fällt daher oftmals auf eine Begrünung mittels Fertigrasen, der das geforderte schnelle und unkomplizierte Grün ermöglicht. Immer seltener werden Rasenflächen durch Ansaat hergestellt. Zwar ist diese Methode die kostengünstigere, doch birgt sie die Gefahr von Fehlern und Versäumnissen während der heiklen Phase der Anwuchspflege. Nicht immer wird mit der ersten Aussaat der gewünschte vollflächige Deckungsgrad erreicht, was ein stellenweises Nachsäen erforderlich macht. Für anfliegendes oder aus der Bodensamenbank keimendes Unkraut ist es ein Leichtes, sich neben den Rasengräsern zu etablieren. Zudem ist die angesäte Rasenfläche erst in der darauffolgenden Vegetationsperiode voll belastbar.
All das sind Faktoren, die dem Rollrasen unweigerliche Vorzüge verleihen – immerhin spart sich der Kunde ein Jahr Wartezeit auf seinen dichten Rasen und der mit der Rasenneuanlage beauftragte Gärtner erspart sich Reklamationen und viel Ärger.
Rasensanierung – aber wie?
Wie wir alle, kommt auch der makelloseste Rollrasen in die Jahre – mit dem Unterschied, dass dieser mangels Pflege zusehens lückenhaft und von unerwünschten Beikräutern und Moos begleitet wird. Ist der Grad einmal erreicht, dass auch Vertikutieren und die Anwendung der findigsten Rasennachsaatmischungen oder Düngerzubereitungen aus dem Handel nichts mehr nutzen, muss wohl eine Generalsanierung und wieder ein Profi her.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen überalteten Rasen wieder auf Vordermann zu bringen – je nach Ursache des Rasenproblems betreffen die Maßnahmen nur die Grasnarbe, etwa bei starker Verunkrautung, oder auch den Untergrund, wie im Falle von Bodenverdichtungen.
Vorausgesetzt, die Bodenbeschaffenheit (optimale Luft- und Wasserdurchlässigkeit, Fehlen von Verdichtung) erlaubt es – wäre es nicht am einfachsten, eine neue Rasenschicht direkt auf die alte zu legen? – Was unfachmännisch klingt, hat sich in Praxistests bereits als durchaus tauglich erwiesen, wie Versuche der Abteilung Landespflege an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim ergaben.
Praxistest – einfach neu auf alt
Die Firma Rollrasen Schwab aus Ingolstadt/D hatte bereits mit vereinfachten Verfahren, den Rollrasen ohne vorbereitender Maßnahmen auf die bestehende, kurzgemähte und mit organisch-mineralischem Rollrasendünger versehene Vegetationsschicht zu legen, experimentiert und über erste Erfolge berichtet. Die Versuchsansteller an der LWG Veitshöchheim wollten es genauer wissen und machten 2008 den weiterführenden Praxistest für den Garten- und Landschaftsbau. Untersucht wurden vier Sanierungsvarianten – Neuansaat, Nachsaat, Verlegung eines Rollrasens der Regel-Saatgut-Mischung (RSM) 2.3 sowie eines hitze- und trockenheitsverträglichen Rollrasens – bei unterschiedlichen Bodenvorbereitungsmaßnahmen. Auf den einzelnen Versuchsparzellen erfolgte z. T. keine Vorbehandlung bzw. eine Behandlung der bestehenden Rasenfläche durch Kurzmähen auf ca. 15 mm, Abspritzen mit dem Unkrautbekämpfungsmittel Duplosan KV Combi oder durch Abschälen der alten Rasenschicht.
Von der hohen Scherfestigkeit und vom 100%igen Deckungsgrad abgesehen, überzeugten die aufgedoppelten Rollrasenflächen vier Monate nach der Fertigstellung auch durch ihr optisches Erscheinungsbild und den geringen Fremdbewuchs. Die mit Duplosan KV bespritzten Flächen schnitten dabei besser ab als die lediglich kurzgemähten. Es stellte sich heraus, dass die Fugen zwischen den Rasenbahnen die Schwachstellen im Rollrasen sind, an denen Wildkräuter die Rasentragschicht durchdringen können.
Die Befürchtung, der darunterliegende Rasen könne faulen und die Entwicklung einer neuen Vegetationsschicht beeinträchtigen, scheint unbegründet zu sein, wie bereits die Experimente der Firma Rollrasen Schwab ergaben. Bodenprofile, die acht Wochen nach der Auflage gestochen wurden, zeigten als einzigen Hinweis auf die alte Grasnarbe einen geringfügig dunkleren Horizont unterhalb der verwurzelten, neuen Rollrasenbahn.
Zeitsparendes „Rollrasensandwich“
Einer der größten Vorteile der Methode, den neuen Rollrasen direkt auf den alten zu verlegen, ist die enorme Zeitersparnis. Kein Umfräsen oder Abschälen ist erforderlich. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann den Altrasen mit einem gegen zweikeimblättrige Wildkräuter wirksamen Herbizid behandeln, das für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich zugelassen ist. Eventuelle Unebenheiten sollten mit sandigem Substrat ausgeglichen werden, bevor der neue Fertigrasen aufgelegt wird. Mit der Herstellung eines „Rollrasensandwichs“ kann gegenüber einer Neuanlage durch Ansaat oder dem Abschälen und Neuauflegen der Rollrasenbahnen etwa
25 % der Zeit eingespart werden.
Beobachtungen über eine Vegetationsperiode zufolge scheint die einfache Rollrasenauflage daher eine interessante Alternative der Rasensanierung zu sein. In Kauf nehmen muss man allerdings eine Überhöhung der neuen Rasenfläche von etwa 3 cm, die der Höhe der Rasensoden entspricht. Will man die unkrautfreie Qualität der sanierten Rasenfläche erhalten, sind regelmäßiges Mähen und Düngen unbedingt erforderlich – andernfalls setzen sich die Dauerunkräuter gegenüber den Rasengräsern erneut durch.
Fertigrasen ist nicht gleich Fertigrasen
Ein Garant für das Funktionieren einer Rasenfläche ist nicht nur die fachgerechte (Neu-) Anlage und Pflege, sondern in erster Linie die Qualität des Fertigrasens zum Zeitpunkt der Anlieferung. Diese hängt sehr stark von den Anzuchtbedingungen ab, aber auch in großem Maße von der Art und Vielfalt der verwendeten Gräser. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen horst- und ausläuferbildenden Arten garantiert sowohl eine hohe Reißfestigkeit als auch eine dichte Rasennarbe.
Laut ÖNORM B 2606-1 sollte eine Sode von mind. 1,5 m Länge durch ihr Eigengewicht nicht abreißen. Für Gebrauchsrasen, wie er in Privatgärten gerne verwendet wird, empfiehlt sich eine Mischung aus Lolium perenne (30 %), Festuca rubra (40 %) und Poa pratensis (30 %). Dominiert nur eine Rasenart, besteht die Gefahr, dass durch deren Ausfall die gesamte Rasenfläche lückig wird – es kann sich kein ausdauernder Rasen entwickeln.
Dass der Fertigrasen keinen Fremdbewuchs, etwa mit der ausbreitungsfreudigen Quecke oder dem wenig trittfesten Einjährigen Rispengras aufweist, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Die besagte ÖNORM empfiehlt eine Schälstärke der Rasensoden von 2 cm. Wichtig ist, dass der Querschnitt keinen Rasenfilz mit über 5 mm Stärke enthält – es handelt sich dabei um eine hellere Schicht aus abgestorbenen Pflanzenresten und liegengebliebenem Schnittgut zwischen Grasnarbe und Anzuchtboden, welche für die Wurzeln undurchdringlich werden kann und die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen erschwert.
Überprüft man diese Qualitätskriterien bereits bei der Übernahme des Rollrasens, bestehen gute Chancen für einen nachhaltigen Anwuchserfolg.
Regel-Saatgut-Mischungen (RSM)
Bereits seit 1978/1979 veröffentlicht die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) jedes Jahr die Regel-Saatgut-Mischungen Rasen (RSM) in ihrer Schriftenreihe und reagiert damit auf neue Anforderungen und Erkenntnisse aus der Praxis und die jährlich schwankenden Saatgutverfügbarkeiten nach der Jahresernte.
Mit den Regel-Saatgut-Mischungen werden für die verschiedenen Anwendungsbereiche und Standortverhältnisse geeignete und genau definierte Saatgut-Mischungen zusammengestellt, die den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Bei ihrer Verwendung und der fachgerechten Herstellung und Pflege ist der anhaltende Begrünungserfolg gewährleistet. Damit unterscheiden sich die RSM von manchen im Handel befindlichen Rasenmischungen mit klangvollen Namen, die oft zwar schnell, dafür aber nur kurzfristig eine erfolgreiche Rasenansaat vortäuschen.
In Deutschland gelten die jeweils aktuellen RSM als Qualitätsstandard – ebenso stehen sie in Österreich als Prädikat für Qualitätssaatgut.