Beim 8. Internationalen Gründachsymposium der deutschen Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB). In Ditzingen/D brachte sich die Gründachbranche wieder auf den aktuellen Stand der Technik und Wissenschaft.
Gründachkartierung
Katja Holzmüller vom Umweltamt Düsseldorf führte aus, dass im gesamten Stadtgebiet von Düsseldorf mehr als 730.000 m2 Dach- und Tiefgaragenflächen begrünt sind. Das ergab eine Gründachkartierung, die mit Hilfe einer flächendeckenden Luftbildauswertung 2008 erstellt worden ist. Damit sich dieser grüne Flickenteppich stetig erweitert, versucht Düsseldorf, sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um Dachbegrünungen im Rahmen der Bauleitplanung, mit Förderprogrammen sowie einer entsprechenden Abwassergebührenordnung voranzubringen.
Nachhaltiges Bauen
Bettina Krutwig, DNGB e.V. aus Stuttgart, gab einen Einblick in die Zertifizierung im Rahmen des Nachhaltigen Bauens. Nachhaltiges Bauen heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Dabei wird im Rahmen einer Lebenszyklusbetrachtung die Optimierung sämtlicher Einflussfaktoren über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes angestrebt. Die Beurteilungs- bzw. Bewertungsmaßstäbe der Nachhaltigkeit von Gebäuden beziehen sich auf drei vorrangige Schutzziele: 1. Ökonomie, 2. Ökologie, 3. Soziales und Kulturelles. Begrünte Dächer spielen in allen Bereichen eine positiv bewertbare Rolle.
Druckentwässerung
FLL-Regelwerksausschussleiter Prof. Gilbert Lösken griff ein zwar bekanntes, doch wieder aktuelles Thema auf – die Druckentwässerung in Verbindung mit Dachbegrünung. Dazu sprach er u.a. folgende Empfehlungen aus: keine Kombinationen von Kies- und Grünflächen, neben der Beachtung der maximal anschließbaren Fläche auch Rücksichtnahme auf die Mindest- anforderungen der Druckströmungsgullys, den Abfluss der Abläufe im Nahbereich nicht behindern.
Neue Perspektiven
Roland Appl, Präsident der IGRA, erzählte über eine besondere Art der Gründachbesichtigung: mittels eines Zeppelins. Nicht nur die Lage und Größe der begrünten Dächer war erkennbar, sondern auch Alter und Zustand der Vegetation lässt sich bei langsamem Flug in niedriger Höhe einwandfrei ablesen, wie übrigens auch der Zustand von Flachdächern insgesamt. Erkennbar war, dass vor allem der Deckungsgrad auf großen Dachflächen, die wahrscheinlich per Auflage begrünt werden mussten, oftmals mehr als zu wünschen übrig ließ.
Langfristige Investition
Der Geschäftsführer der Alpha Industrie Jörg Schröder legte offen, wie Investoren denken und welche Rolle dabei Dachbegrünungen spielen. Je nach Kunde und branchenspezifischer Amortisierungsvorgabe können Begrünungen berücksichtigt werden, oft sind jedoch das kurzfristige Denken und die baulichen Gegebenheiten ausschlaggebend, so dass Gründächer entfallen. Es hat sich auch gezeigt, dass innovativ und zukunftsorientierte Investoren die Dachbegrünung durchaus bewusst einsetzen.
Dachbegrünung zur Luftreinigung
Dr. Daniela Haluza von der Medizinischen Universität Wien fasste Untersuchungen aus verschiedenen Ländern zusammen und zog folgendes Fazit: Werden die genannten Daten für Bäume auf Graspflanzen umgelegt und der Standort „Dach“ berücksichtigt, kann ein durchschnittliches Grasflachdach mit einer Fläche von 2.000 m² und einem Bewuchs mit ungemähtem Gras, welches per m² Dach 100 m² Blattoberfläche aufweist, der Umgebungsluft etwa 0,2 kg Schmutz pro m² und Jahr entziehen und binden.Max Porstmann hat im Rahmen seiner Diplomarbeit bei drei älteren Extensivbegrünungen die Gehalte an Schwermetallen sowie die sechs Indikator-PCB ermittelt. Im Durchschnitt überschritten die Schwermetallgesamtgehalte die Vorsorgewerte der BBodSchV, lagen aber unter deren Maßnahmenwerte. Eine altersabhängige Veränderung der physikalischen und chemischen Bodenfunktionen konnte beobachtet werden. Insgesamt konnte an den untersuchten Dächern eine Speicher- und Filterfunktion sowie eine angedeutete Funktion als Archiv erkannt werden.Die junge Architektin Bettina Litschauer aus Wien zeigte eine neue Vision für Österreichs Altbestand-Dächer auf. Ihre Arbeitsthese geht von der Annahme aus, dass der großflächige Einsatz von Grünflächen das Stadtklima positiv beeinflusst und längerfristig gesehen einen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgase sein kann. Sie möchte vor allem die bestehende Dachsubstanz Wiens nutzen, dieses Flächenpotenzial an schrägen ungenutzten Flächen zu aktivieren und eine neue Ebene über der bestehenden Dachkonstruktion, den „green layer“, einführen, d. h. die geneigten Dachflächen mit Grünflächen belegen. Es bleibt jetzt zu hoffen, dass sich diese Visionen bald bei einem Praxisobjekt wiederfinden.
Verwendung von Schafwolle
Diplom Ingenieurin Susanne Herfort vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte der Humboldt-Universität Berlin hat jahrlang den "Rohstoff Schafwolle" für den möglichen Einsatz bei Dachbegrünung untersucht. Ungewaschene und ungereinigte Schafwolle beinhaltet eine Reihe pflanzenphysiologisch wertvoller Inhaltsstoffe, die sowohl in Form von Vegetationsmatten als auch in Form von Dünger eingesetzt werden kann. Die normalerweise über Jahre dauernde biologische Zersetzung der Wollvliese ist ein wesentlicher Vorteil beim Einsatz von Vegetationsmatten in der Dachbegrünung. Schafwollpellets eignen sich hervorragend als organischer Langzeitdünger sowohl für die Kultivierung von Grün- und Blühpflanzen als auch bei Gemüsekulturen.
Design und Funktion
Der Designer Hannes Simon hat mit seinem Projekt "Bee Hotel" (Bienen-Hotel) demonstriert, dass auch Dachbegrünungs-Produkte in einem ansprechenden Design hergestellt werden können. Er hat bei einer Insektennisthilfe für Wildbienen Design und Funktion optimal miteinander kombiniert. Am Bee Hotel sind zwei verschiedene Behausungen angebracht: erstens die Nestkammern, welche hauptsächlich von Solitärbienen und -wespen genutzt werden können und zweitens die Kammern für Hummeln und andere Insekten.
Niederländische Förderungen
Henk Vlijm, Gründachspezialist aus den Niederlanden zeigte, dass aufgrund der Wasserproblematik auch in den Niederlanden Dachbegrünung finanziell gefördert werden und das landesweit und flächendeckend. Doch wie auch in Deutschland gibt es dabei keine einheitlichen Regelungen und jede Stadt hat ihre eigenen Gründe, Vorgaben und Fördersätze.