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Der Asiatische Zitrusblattfloh kommt ursprünglich aus Südostasien, ist aber schon in afrikanischen und amerikanischen Zitrusanbaugebieten intensiv vertreten. In Europa würde er sich ebenfalls wohlfühlen. Durch das Fehlen natürlicher Feinde wäre der Schaden schnell sehr groß. © Protasov AN/Shutterstock.com

Schadhaftes Insekt

Tödliche Gefahr für Zitruspflanzen

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 06.02.2025 - 11:05

In Spanien, Portugal und Italien suchen Landwirte ihre Orangen- und Zitronenbäume nach dem nur vier Millimeter kleinen Insekt ab - dem Asiatischen Zitrusblattfloh (Diaphorina citri).  Die Ernte ist in vollem Gang, schließlich ist im Februar Hauptsaison für Zitrusfrüchte. Das kleine aus Südostasien stammende Insekt gehört wie alle Blattflöhe zu den Pflanzenläusen. In Mitteleuropa gibt es rund 200 Arten. Sie alle saugen an Blättern und anderen Pflanzenteilen. In der Regel können die Pflanzen damit gut umgehen, ohne dass es zu größeren Problemen kommt. Leider kommt der Zitrusblattfloh nicht alleine, sondern hat Krankheitserreger im Schlepptau. Er ist nämlich Überträger von drei bakteriellen Krankheitserregern: Candidatus Liberibacter africanus (CLaf), americanus (CLam) und asiaticus (CLas). Diese wiederum verursachen die gefürchtete Citrus Greening Disease, die auch Huanglongbing genannt wird.

Der Asiatische Zitrusblattfloh erinnert ein wenig an eine Zikade. Er springt, kann fliegen und hat somit die besten Voraussetzungen um zügig die Welt zu erobern. Seine Lebenserwartung liegt bei einigen Monaten, er ist auch in den Wintermonaten aktiv und kann, wenn auch nur kurz, Minusgrade überleben. Sowohl die erwachsenen Tiere als auch alle Nymphenstadien ernähren sich von Pflanzensäften. Wird an einem infizierten Baum gesaugt, gelangt der Erreger in die Speicheldrüse des Insekts, vermehrt sich dort und beim nächsten Saugen infiziert der Floh einen gesunden Baum durch seinen befallenen Speichel. Alle drei Erreger sind Phytoplasmen, die sich in den Nährstoffleitbahnen befallener Pflanzen vermehren, sie verstopfen und schließlich zerstören. Sind auf frischen Blättern gelbe Flecken zu erkennen, könnten das erste Anzeichen sein. Dann sterben einzelne Zweige ab und schließlich auch die Wurzeln. Beim der Citrus Greening Disease sind Pflanzen nicht mehr in der Lage, Wasser oder Nährstoffe aufzunehmen oder zu transportieren.

Totaler Ausfall

Ist ein Baum befallen, können auch die Früchte nicht mehr verkauft oder weiterverarbeitet werden, da das Fruchtfleisch bitter schmeckt. Befallene Bäume müssen vernichtet werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern bzw. um eine Pufferzone zu schaffen. Behörden können gezielt Maßnahmen für Plantagen verhängen, ihr Wirkungsbereich endet jedoch am privaten Gartenzaun. Das geliebte Zitrusbäumchen ist dann Zufluchtsort für Tier und Bakterium.
Der wirtschaftliche Schaden ist immens. In Florida galten schon 2015 drei von vier Zitrusbäume als infiziert. Bis heute ist dort die Zitrusfruchtproduktion um 75 % eingebrochen. Entsprechend nervös ist man deshalb in Europa. Spanien exportiert am meisten frische und getrocknete Früchte weltweit. Schon 2021 kam eine Kommission der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zur Erkenntnis, dass einige europäische Anbaugebiete durchaus als Lebensraum für den Zitrusblattfloh dienen könnten. Darunter sind Portugal, Spaniens Küsten im Süden und Osten, Sardinien, Süditalien und Sizilien, Griechenland und Zypern. Tatsächlich wurden im Juli 2023 erstmals ausgewachsene Tiere in zyprischen Plantagen gefunden. Glücklicherweise trugen sie kein Bakterium in sich. Damit ist Zypern aber schon das erste EU-Land, in dem das invasive Insekt nachgewiesen wurde.

Aufgrund von Beobachtungen in anderen Ländern versuchen Forscher mit mathematischen Modellen vorherzusagen, wie sich Insekten und Erreger in Pflanzenpopulationen über Staatsgrenzen hinweg ausbreiten. Am wahrscheinlichsten werden die Zitrusblattflöhe in warmen, trockenen Gebieten mit vielen Zitrusbäumen auftauchen. Die Erfahrung zeigt, zuerst kommen die Insekten und dann die gefürchteten Erkrankungen. Eine engmaschige Kontrolle der Plantagen ist notwendig, allerdings zeigen infizierte Pflanzen erst nach einem Jahr Symptome. Dabei können sie schon infiziert sein und rundherum alle anstecken. Wenn erste Symptome auftauchen, sind schon unzählige Bäume infiziert. Eine rein optische Kontrolle ist daher sinnlos. Man kann die Pflanzen im Labor testen, dadurch entstehen aber hohe Kosten. Sie sind allerdings gering im Vergleich, zu den Verlusten für die Landwirt, wenn eine Vielzahl an kranken Bäumen gefällt werden muss. 

Einfallswege blockieren

Neben Kontrollen ist es auch wichtig, Einfallswege für den Zitrusblattfloh zu blockieren, daher ist der Import von Zitruspflanzen in die EU auch verboten. Selbst innerhalb von Europa gibt es Beschränkungen, unter anderem, um auch den zweiten Überträger von Citrus Greening Disease bzw. von Huanglongbing an einer Ausbreitung zu hindern: den Ostafrikanischen Zitrusblattfloh (Trioza erytreae). Es ist wichtig, ein Bewusstsein für die Gefahr zu schaffen. Das betrifft v. a. Touristen, die Zweige, Blüten, Samen und Früchte unbekümmert mit nach Hause nehmen. Ein winziges Insekt wird schnell übersehen, die mikroskopisch kleinen Eier sowieso. Theoretisch braucht es nur ein Weibchen mit Eiern, damit sich eine neue Zitrusblattflohkolonie in einem Land gründen kann.

Wo und wer sind die natürlichen Feinde?

Die parasitäre Wespe (Tamarixia radiata) ist ein natürlicher Feind des Asiatischen Zitrusblattflohs. Wo lebt die Wespe? Natürlich nur im Herkunftsland des Insekts, aber dort hält sie ihn in Schach. Daher greifen viele Plantagenbesitzer zu Insektiziden. Möglicherweise schaffen generalisierte Räuber Abhilfe. Das wären z.B. Raubmilben und -wanzen, Ohrwürmer und Marienkäferlarven. Diese müssen gefördert werden. Ist die Anzahl und Vielfalt heimischer Fressfeinde hoch, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit einer neuen invasiven Spezies. Karge Plantagen zählen allerdings nicht zu den Hotspots der Artenvielfalt. Ein auf Zitruspflanzen spezialisiertes Insekt findet es dort allerdings super. Die Biodiversität zu erhöhen kann nie schaden, vielleicht hält sie auch den Asiatischen Zitrusblattfloh und damit die gefährlichen Krankheitserreger in seinem Schlepptau ab.


Quelle: spektrum