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Rattengift ist persistent, bioakkumulierend und toxisch und stellt somit eine große Gefahr für Umwelt, Biodiversität und schlussendlich auch für unsere Gesundheit dar. © noer cungkring/Shutterstock.com

Rattengift

Umweltrisiken und Vergiftungen

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 20.08.2024 - 09:40

Aktuell wird in der EU zwischen zwei Kategorien unterschieden: Rattengifte der 1. und 2. Generation. Der Wirkstoff der 1. Generation muss mehrmals aufgenommen werden, damit das Tier daran stirbt. Wirkstoffe der 2. Generation sind um einiges toxischer, meist reicht eine Dosis aus. In den zugelassenen Rattengiften sind Blutgerinnungshemmer, die die Tiere nach 3 bis 7 Tagen aufgrund von inneren Blutungen töten. Man geht davon aus, dass zunehmend mehr Gifte der 2.Generation im Umlauf sind.
Überall wo Rattengift ausgebracht wird, entstehen Vergiftungen und Umweltrisiken. Mittlerweile weiß man, dass überall wo Rattengift ausgebracht wird, auch Tiere sterben, die nicht das Ziel waren. Entweder, weil falsche Tiere an den Ködern fressen oder weil Beutegreifer vergiftete Tiere fangen und fressen. Bei letzterem spricht man von Sekundärvergiftungen, diese betreffen auch Eulen und Greifvögel, wie Schleiereulen, Waldkäuze, Mäusebussarde und Steinadler. Aber auch räuberische Säuger wie Igel, Nerze, Wiesel, Iltisse und Füchse.

Wenig überraschend ist daher die Tatsache, dass Untersuchungen zeigen, dass Rattengift auch für uns Menschen gefährlich ist. Mittlerweile weiß man, dass alle aktuell zugelassenen Wirkstoffe, egal welcher Generation, reproduktions- oder zielorgantoxisch oder beides sind. Das bedeutet, dass nicht nur einzelne Organe, sondern auch ungeborene Kinder geschädigt werden können.

Österreichs Wildtiere schwer belastet

Während es in anderen Ländern schon seit Jahren Monitorings zum Einfluss von Rattengift gibt, wurde in Österreich erst 2020 die erste offizielle Studie vom Umweltbundesamt veröffentlicht. In Zweidrittel der untersuchten Füchse, Eulen und Greifvögel konnten mindestens einer, häufig jedoch mehrere Wirkstoffe der 2. Generation nachgewiesen werden. Bei einem Drittel der Vögel und 16 % der Füchse waren die Konzentrationen so hoch, dass negative Auswirkungen wahrscheinlich sind. Außerdem wurde auch erstmalig die Belastung von heimischen Fischbeständen in Österreich mit Rattengiften erfasst. Die zunehmende Ansammlung der Stoffe innerhalb der Nahrungskette dürfte also auch bei aquatischen Lebewesen und Fischfressern wie den Fischottern stark problematisch werden.

Leider ist immer noch nicht bekannt, wieviel Rattengift pro Jahr überhaupt bei uns verkauft wird. Die in den häufigsten zugelassenen Produkten enthaltenen Wirkstoffe der 2. Generation sind daher besonders schädlich für Mensch, Tier und Umwelt. Auch Restbestände bereits verbotener Stoffe werden immer noch verwendet und teilweise werden dabei mit voller Absicht Wildtiere getötet.

Mangel an Alternativen

Durch die Biozidprodukt-Verordnung wird in der EU der Einsatz von Rattengift geregelt. Für jede Zulassung eines neuen Stoffes muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Aktuell besteht keines der zugelassenen Präparate dieses Prüfverfahren. Auch Neuzulassungen scheitern häufig daran. Warum sind dann solche Wirkstoffe trotzdem im Einsatz?
Unglaublich, aber Rattengifte sind einzig und allein aus Mangel an Alternativen zugelassen. Laut der Biozidprodukt-Verordnung sind bei einem Mangel an Alternativen auch hoch problematische Stoffe unter zusätzlichen Auflagen zugelassen. Mit der Verschärfung der Biozidprodukt-Verordnung 2018 wurden diese Auflagen vereinheitlicht. Danach dürfen europaweit bestimmte Wirkstoffe nur mehr von ausgebildetem Personal ausgebracht werden. Geändert hat sich auch, ob, wo und wieviel Gift ausgebracht werden soll sowie das Umsetzen von zusätzlichen Maßnahmen zur Risikoreduktion. Soweit die Theorie, die Praxis sieht leider anders aus. Das Umweltbundesamt Deutschland kritisiert auch, dass nur chemische Lösungen in Betracht gezogen werden. Durch die blutgerinnende Wirkung dauert der Todeskampf bei einer Vergiftung mit Rattengift mehrere Tage, bis die Tiere unter starken Schmerzen sterben. Bei einer Todschlagfalle tritt der Tod deutlich schneller ein. Durch den Gifteinsatz wird die menschliche Wahrnehmung verändert, weil die vergifteten Tiere sich verkriechen und sterben. Der Tötungsprozess verchwindet aus dem menschlichen Bewusstsein.
In Wien werden unter anderem die streng geschützten Feldhamster nachweislich durch Rattengift getötet.


Quelle:ots