Falscher Mehltau
Eine große Bedeutung an Frühjahrsblühern haben Falsche Mehltaupilze. Diese mit Pythium und Phytophthora eng verwandte Pilzgruppe tritt besonders an Viola, Myosotis und Ranunkeln auf. Die Heftigkeit des Auftretens ist stark abhängig von Klimafaktoren, Kulturführung und Sorte. Zu Beginn der Krankheit sind zunächst Aufhellungen der älteren Blätter sowie leichte Wachstumsstockungen bemerkbar. An den Blattunterseiten bildet sich ein gräulicher Belag, der sich dann intensiv purpur verfärbt. Die Blätter vertrocknen und rollen sich ein, in seltenen Fällen kommt es zu Blattfall. Bei entsprechenden Bedingungen können innerhalb kürzester Zeit ganze Pflanzenbestände befallen werden. Der Falsche Mehltau ist für sein Wachstum und seine Verbreitung auf Wasser angewiesen. In der gärtnerischen Praxis ist das in der Regel Spritzwasser. Die Krankheit wird gefördert durch zu hohe Luftfeuchtigkeit, engen Stand, geringes Lichtangebot, stark wechselnde Temperaturen, mangelnde Luftbewegung, anhaltende Blattnässe über längere Zeit und einseitig hohe Stickstoffernährung. Die wenigsten Probleme mit Falschem Mehltau bekommen Betriebe, die in hohen Glashäusern mit Ventilatoren auf Tischen und Anstaubewässerung kultivieren. Die größte Anfälligkeit besteht in Folienhäusern bei Bodenkultur auf Vliesmatten. Folienhäuser lassen sich meist schlecht lüften und neigen schnell zu Kondenswasserbildung mit Tropfenfall. Die Luftfeuchtigkeit ist in der Regel wesentlich höher als in Glashäusern. Bei der Anfälligkeit für den Pilz bestehen große Sortenunterschiede. Oft stehen in Betrieben stark befallene und völlig gesunde Pflanzen direkt nebeneinander. Falsche Mehltaupilze dringen bereits wenige Tage nach Infektion tief ins Pflanzeninnere ein. In diesen tiefen Blattschichten sind sie nur mit hohem Aufwand zu bekämpfen. Stark befallene Pflanzen sind nicht mehr zu retten. Aus diesem Grund muss rechtzeitig bekämpft werden, spätestens aber bei Infektionsbeginn. Kontaktfungizide müssen prophylaktisch eingesetzt werden. Sie legen sich als Spritzfilm auf die Pflanze und verhindern die Auskeimung der Pilzsporen bzw. die Ausbreitung des Pilzes. Um diesen Schutzmantel aufrecht zu erhalten, müssen Spritzungen mit Wirkstoffen wie Metiram, Mancozeb, Kupferhydroxid oder Azoxystrobin wiederholt im Abstand von 10–14 Tagen erfolgen. Die ausreichende Benetzung besonders der Blattunterseiten ist dabei äußerst wichtig. Systemische Wirkstoffe wie Fosetyl, Metalaxyl-M, Dimethomorph, Cyazofamid oder Propamocarb eignen sich bei bereits etabliertem Befall. Um Erfolg zu haben, müssen die Temperaturen allerdings für mehrere Stunden auf mindestens 13 °C angehoben werden. Bei niedrigeren Temperaturen ist die Wirkung der systemischen Fungizide nur unzureichend. Zur erfolgreichen Bekämpfung von Falschem Mehltau haben sich in der gärtnerischen Praxis Kombi-Präparate bewährt. Sie enthalten Wirkstoffe mit systemischen als auch solche mit Kontakteigenschaften.
Echte Mehltaupilze
Echte Mehltaupilze treten an Ranunkeln, Myosotis und Viola auf. Vereinzelt kann auch Bellis betroffen sein. Die Krankheit ist an den charakteristischen weißen, mehlartigen Überzügen auf Blättern und Trieben gut zu erkennen. Notwendige Behandlungen müssen früh genug erfolgen. Wird erst im Stadium „sichtbarer Befall“ reagiert, ist mit Wirkungsverlusten der Präparate zu rechnen. Wirksame Fungizide gegen Echte Mehltaupilze an Frühjahrsblühern sind Difenoconazol, Kresoximmethyl, Triadimenol oder Spiroxamine.
Rostpilze und Blattfleckenkrankheiten
Wenn Rost an Bellis auftritt, bedecken zunächst zahlreiche, orange-braune Sporenpusteln die Blattunterseite. An der Blattoberseite sind Aufhellungen zu erkennen, später entwickeln sich daraus Nekrosen. Auffällig ist, dass die Blätter stark gewölbt sind. Hohe Luftfeuchtigkeit fördert den Rostpilzbefall. Bei der Kulturführung ist deshalb besonders darauf zu achten, dass diese nicht zu stark ansteigt. Blattfleckenkrankheiten treten besonders in feuchten, schlecht belüfteten Häusern auf. In Folienhäusern sowie unter Tropfstellen ist der Befall besonders stark. An Frühjahrsblühern können verschiedene Erreger auftreten. Bekannt sind Ramularia und Mycocentrospora. Daneben können aber auch andere Erreger wie Alternaria, Colletotrichum, Septoria, Phyllosticta, Cercospora, Ovularia, Entyloma oder Ascochyta ähnliche Symptome verursachen.
Ramularia
Bei Befall mit Ramularia bilden sich bei Viola zunächst bleiche, weiße bis violette, eingetrocknete Blattflecken. Bei Primeln bilden sich an den unteren Blättern eckige, gelblich umrandete Flecken von 1-2 cm Durchmesser, die später graubraun werden. Bei feuchten Bedingungen zeigt sich blattunterseits ein weißlich-grauer Sporenbelag. Ramularia ist auch bei niedrigen Temperaturen sehr infektiös und kann sich bei entsprechender Luftfeuchtigkeit schnell im Bestand ausbreiten.
Mycocentrospora- Blattflecken
Mycocentrospora-Blattflecken treten überwiegend bei Viola cornuta auf. Die Krankheit beginnt blattoberseits mit bläulich-schwarzen Punkten, die von der Mitte her verbräunen. Bei zunehmendem Krankheitsverlauf fallen die Blätter schließlich ab. Der Pilz ist bei niedrigen Temperaturen ab 5 °C aktiv im Wachstum, die Infektion erfolgt bereits bei 0 °C. Für eine effiziente Bekämp fung von Rost- und Blattfleckenkrankheiten sollten bei entsprechenden Witterungsbedingungen zunächst prophylaktisch Kontaktmittel wie Azoxystrobin, Mancozeb, Captan, Chlorthalonil oder Metiram eingesetzt werden. Erst wenn sich eine Befallszunahme abzeichnen sollte ist das Spritzen systemisch wirkender Präparate wie Propiconazol, Prochloraz oder Myclobutanil sinnvoll.
Grauschimmel
Primeln, Bellis und Myosotis können sehr stark durch Grauschimmel (Botrytis cinerea) geschädigt werden. Der Erreger greift alle oberirdischen Pflanzenteile an und verursacht Faulstellen an Blattstielen, Blättern und Blüten. Charakteristisch ist der typische Pilzrasen. Bei hoher relativer Luftfeuchte greift der Pilz vom befallenen kranken Gewebe leicht auf die gesunden Pflanzenteile über. Dann kann die Krankheit innerhalb weniger Tage zu starken Ausfällen führen. Enger Stand, mangelnde Luftbewegung, Lichtmangel, stark wechselnde Temperaturen, Spritzwasser, mechanische Beschädigungen sowie einseitig hohe N-Düngung fördern die Anfälligkeit für Botrytis. Um Infektionen zu verhindern, darf die Temperatur nicht unter den Taupunkt fallen. Mit dem Einsatz von Ventilatoren wird für ausreichende Belüftung im Bestand gesorgt, was ebenfalls befallsmindernd wirkt. Gegen Botrytis prophylaktisch einsetzbar sind Iprodion und Fenhexamid. Kombi-Präparate (Wirkstoffe Boscalid + Pyraclostrobin oder Fludioxonil + Cyprodinil) zeigen auch bei deutlich sichtbaren Symptomen befriedigende Wirkung. Allerdings kann der Wirkstoff Cyprodinil bei kühlen Temperaturen und dunklen Bedingungen zu unerwünschter Hemmwirkung führen.
Wurzel- und Stängelerkrankungen
Erkrankungen im Wurzel- und Stängelhalsbereich sind bei Frühjahrsblühern häufig anzutreffen. Im Bestand kann man betroffene Pflanzen anhand chorotischer, älterer Blätter und Welkesymptomen erkennen. Für eine genaue Diagnose ist viel Erfahrung notwendig. Zudem treten Mischinfektionen nicht selten auf. Um Fehlbehandlungen zu vermeiden, ist es daher unumgänglich, eine Erkrankung labordiagnostisch untersuchen zu lassen.
Pythium
Eine bei allen Frühjahrsblühern häufig diagnostizierte Wurzelpilzkrankheit ist Pythium, ein klassischer Staunässepilz. Das Erstauftreten im Bestand kann zunächst in Senken der Stellfläche oder im Nahbereich von Tropfstellen beobachtet werden. Die Wurzeln betroffener Pflanzen werden braun und weichfaul. Die Wurzeloberhaut lässt sich dann vom Zentralzylinder abziehen. Gleichermaßen kann Pythium als Folgepilz einer Versalzung des Substrates in Erscheinung treten.
Phytophthora
Bei Befall mit Phytophthora bleiben die äußerlich sichtbaren Wurzeln zunächst weiß. Entfernt man die Erde, so kommen im pflanzennahen Wurzelbereich Verbräunungen zum Vorschein. Die wärmebedürftigen Phytophthora-Arten treten besonders bei Viola und Primeln in milden Wintern sowie an späten Sätzen im Frühjahr auf. Die Krankheit wird weniger durch Staunässe, sondern eher durch krasse Feuchtigkeitswechsel im Substrat gefördert. Infektionsgefahr besteht immer dann, wenn durch hohe Einstrahlung die Temperatur in Gewächshäusern ansteigt und die Bewässerung dann zu intensiv erfolgt. Pythium und Phytophthora sind nahe verwandt, sie gehören zur Pilzklasse der Oomyceten. Gegen beide Krankheiten wirken Propamocarb, Metalaxyl-M und Fosetyl. Speziell gegen Phytophthora steht Dimethomorph zur Verfügung.
Thielaviopsis basicola
Thielaviopsis basicola ist der Erreger der Wurzelbräune. Er tritt besonders bei Primeln, Bellis und Viola in Erscheinung. Jungpflanzen, deren Topftermin verzögert wird, stellen in den kleinräumigen Jungpflanzengefäßen bald das Wurzelwachstum ein. Wenn sie aus diesem Grunde stagnieren, werden sie sehr anfällig gegenüber Thielaviopsis. Der Krankheitsverlauf ähnelt dem von Phytophthora. Zunächst vergilben die äußeren Blätter, später welken sie und hängen schlaff herunter. Im Endstadium geht die gesamte Pflanze zugrunde. Während des Anfangsstadiums sind an den Wurzeln betroffener Pflanzen schwarze, trockenmorsche Läsionen erkennbar. Das ist ein typisches Merkmal für diese Krankheit. Hohe Salzgehalte, Sauerstoffmangel im Substrat und zu hohe pH-Werte haben begünstigende Auswirkungen. Gute Erfahrungen in der Bekämpfung liegen mit den Wirkstoffen Prochloraz, Thiophanat-methyl und Captan vor.
Phoma bellidae
Phoma bellidae ist eine speziell an Bellis vorkommende pilzliche Stängelgrunderkrankung. Es können schon Jungpflanzen infiziert sein. Im Bestand sind Welkesymptome und Ausfälle zu erkennen. An der weichfaulen Pflanzenbasis und an den Wurzeln sind mit einer Lupe stecknadelkopfgroße, schwarze Pilzfruchtkörper zu erkennen. Die Krankheit verursacht besonders bei geschwächten Beständen große Ausfälle. Phoma tritt vor allem auf, wenn frisch getopfte Bestände unter Vernässung der Erdoberfläche bei niedriger Temperatur leiden. Geeignete Wirkstoffe zur chemischen Bekämpfung sind Prochloraz, Azoxystrobin und Captan.
Vorbeugende Maßnahmen
Bei Befall mit Wurzel- und Stängelgrundfäulen ist es schwierig, mit Fungiziden einen sofortigen Befallsstopp zu erreichen. Dem chemischen Pflanzenschutz sind unter den meist kalten und nassen Bedingungen Grenzen gesetzt. Das hängt mit dem Temperaturanspruch der Pflanzenschutzmittel sowie der geringen Aktivität der Pflanzen zusammen. Letztere ist der starken Nässe des Substrates bei hoher Luftfeuchtigkeit und niedriger Temperatur geschuldet. Um ihre Funktionen in vollem Maße ausüben zu können, sind Wurzeln auf Sauerstoff im Substrat angewiesen. Bei zu üppigem Wasserangebot und strukturschwachen Substraten besteht besonders in Lichtmangelperioden die Gefahr der Vernässung. Die Pflanzen werden dann anfällig gegenüber Bodenpilzkrankheiten. Einen guten Einfluss auf das Wurzelwachstum haben Pflanzenstärkungsmittel auf Basis von bakteriellen Mikroorganismen. Angesichts dieser Problematik ist die Beachtung vorbeugender Kulturmaßnahmen von besonders großer Bedeutung. Staunässe muss so gut es geht verhindert werden. Das wird durch Verwendung grobstrukturierter Substrate mit guter Wasserführung erreicht. Bei der Wahl der Töpfe ist darauf zu achten, dass sie unterseits mit entsprechend großen Stegen und Löchern versehen sind. So kann ausreichend Luft an die Wurzeln gelangen. Besondere Bedeutung hat die Beschaffenheit der Stellfläche. Sie muss eben sein und für ausreichend Wasserabzug sorgen. PH-Wert und Salzgehalt des Substrates sollten regelmäßig überprüft werden. Ventilatoren können für Aktivitätssteigerung bei den Pflanzen sorgen und somit die Anfälligkeit gegenüber Pilzkrankheiten vermindern.
Holger Nennmann, Jörg Klatt
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Pflanzenschutzdienst