Klare Richtlinien
Bevor die beiden Betriebe die Bio-Topfkräuterproduktion aufnehmen konnten, mussten sie sich für die Produktion biologisch erzeugter Lebensmittel zertifizieren lassen. Dies erfolgte durch die ABCERT. Die EG-ÖKO-Verordnung (EWG) 2092/91 wurde erlassen, um den Verbraucher vor Missbrauch der geschützten Begriffe "Bio" und "Öko" zu schützen.Die Verordnung schreibt vor, dass Saatgut, Pflanzgut und Jungpflanzen aus ökologischem Landbau stammen müssen.
Abhängig von der Kultur erhält die Ernte nach 24 oder 36 Monaten den Status als anerkannte Bioware. Die Anbauplanung und der Zukauf von Betriebsmitteln wie Saatgut, Pflanzgut oder Düngemitteln ist zu dokumentieren und auch die Vermarktung ist über Aufzeichnungen, Lieferscheine oder Rechnungen zu belegen. Die als Bioware anerkannten Pflanzen dürfen mit dem Bio-Siegel vermarktet werden.
Unter anderem bietet Nebelung Bio-Saatgut und Bio-Jungpflanzen an sowie blau-gelbe 12 cm Kulturtöpfe mit dem Aufdruck Bio-Pflanzen Profi-Line und dem Bio-Siegel. Hermann Belke ist freier Handelsvertreter und bietet Substrate, Jungpflanzen und Beratung an. Er vertritt unter anderem Gramoflor, die mit Promot WP angereicherte Substrate anbieten. Andreas Gerlach führt ein Programm von Pflanzenstärkungsmitteln, Pflanzenhilfsmitteln, Bodenhilfsstoffen, Mykorrhiza und natürlichen Düngemitteln.
Umstieg auf Bio
Der Gartenbaubetrieb Schier kultiviert bereits seit über 20 Jahren Topf-Kräuter, jedoch auf konventionelle Art und Weise. Daneben sind Beet- und Balkonpflanzen, Chrysanthemen und Violen im Unterglasanbau sowie Stauden, Hebe und Calocephalus brownii im Freilandanbau in Kultur. Der Stammbetrieb in Düsseldorf mit 6.000 m2 Hochglas und 5 ha Freiland wird von Theo und Andreas Schier gemeinsam als GbR geleitet. Vor drei Jahren konnte Andreas Schier dann den Gartenbaubetrieb von Raupach, der bis dahin Eriken und Callunen produzierte, mit 2,5 ha Freiland und 10.000 m2 Hochglas in Geldern-Lüllingen übernehmen.
Für die Bio-Topfkräuter Produktion wurde ein Teil des Betriebes komplett von den Flächen mit der konventionellen Produktion getrennt. Beide Betriebsteile haben eine separate Wasserversorgung und getrennte Düngestationen. Kultiviert wird in einem Substrat von Gramoflor, dem Promot WP beigemischt ist. Schier arbeitet bereits seit drei Jahren mit Promot WP. Die enthaltenen Trichodermastämme fördern die Wurzelentwicklung.
Weiters werden die Kulturen mit Kendal angegossen, was die Widerstandskraft gegenüber Pilzen steigert. Zudem wird Trichostar gespritzt, in dem ein kälteresistenter Trichodermastamm ist, der selbst bei 1 bis 3 °C noch aktiv ist und Botrytis und anderen Erkrankungen vorbeugt. Die Bewässerung erfolgt im Freiland sowie unter Glas mit Gießwagen. Unter Glas ist zudem eine Sprühnebelanlage installiert. Für die Düngung wird der amerikanische Dünger "Organic plant feet 8-3-3" eingesetzt, der nach Angaben von Hermann Belke der einzig geeignete Dünger für die Bio-Kräuterproduktion ist.
Jungpflanzen bezieht der Betrieb von Kientzler, Nebelung, Florensis und S&G, wobei Saatgut und Jungpflanzen für die Bio-Kräuter von Nebelung sowie Sämlinge vom Gartenbaubetrieb Wunderlich geliefert werden. Zum Teil wird selber ausgesät. Die Vermarktung erfolgt in einemunverwechselbaren Topf mit Etikett. Bewirtschaftet wird der Betrieb von zwei festen Mitarbeitern sowie sechs Saisonkräften.
Kühl kultiviert
Der zweite Gartenbaubetrieb, der mit der Bio-Kräuterproduktion startete, ist Balan in Datteln-Horneburg. Der Gartenbaubetrieb hat eine lange Tradition bei der Jungpflanzenanzucht. Entgegen der verbreiteten Ansicht, dass Jungpflanzen hohe Temperaturen zur Bewurzelung benötigen, hat der Betrieb gute Erfolge mit einer kühlen Kulturführung. Die Ursprünge des Unternehmens liegen im Gemüsebau, dem sich der Großvater des heutigen Betriebsinhabers widmete.
Vor rund 38 Jahren übernahm dessen Sohn Leo den Betrieb und begann zunächst mit der Jungpflanzenproduktion von Chrysanthemen. Diese Schiene wurde dann auf stecklingsvermehrte Jungpflanzen von Beet- und Balkonpflanzen ausgedehnt, die heute noch ein Standbein darstellen.
Nach 32 Jahren übergab Leo Balan 1996 den Betrieb an seinen Sohn Markus. Der Produktionsschwerpunkt vegetativ vermehrter Jungpflanzen wurde beibehalten. Stecklinge von lizenzpflichtigen Sorten kauft der Betrieb unter anderem in Israel und Spanien zu. Zur Stromerzeugung besitzt der Betrieb zwei Blockheizkraftwerke mit einer Leistung von 85 und 125 kW/h, mit denen der gesamte Betrieb mit Strom versorgt werden kann. Die dabei erzeugte Abwärme wird dem Heizkreislauf zugeführt. Der Absatz erfolgt über verschiedene Schienen. So werden die Jungpflanzen über die Partner-Plant GmbH vertrieben.
Für diese Jungpflanzen wurde eigens als Qualitätssiegel der Markenschutz "Promot Protect" eingeführt. Roh- und Fertigware wird über Landgard-Märkte abgesetzt oder geht direkt an Kollegen, Einzelhandelsgärtnereien und Gartencenter.
Viel Vorarbeit nötig
Die Entscheidung, Bio-Topfkräuter zu produzieren, ist Alexandra und Markus Balan nicht leicht gefallen. Die Kräuterproduktion ist für Balan absolutes Neuland, doch ist er von den ersten Wochen der Produktion angetan. Vor fünf Jahren hat Markus Balan die Unterglasfläche des Betriebes um 3000 m2 erweitert.
Der neue Betriebsteil ist mit Mobiltischen mit geschlossenem Bewässerungssystem und Assimilationsbelichtung ausgestattet. Den Gewächshausbau realisierten IGB (Xanten), die Heizung und Schattierung kommen von Jager (NL-Schoonebeek), die Mobiltische von Alcoa Agro (NL-De Lier) und die Bewässerungsanlage von Feigel (Straelen).
Im Dezember wurde dieser Betriebsteil für die Bio-Kräuter-Produktion zertifiziert. Bis es soweit war, war viel Vorarbeit nötig, so Markus Balan. Günstig ist die Aufteilung der Gewächshausfläche in drei Abteilungen, so dass diese getrennt bei 16-17 °C für frisch getopfte Ware und bei 13-14 °C sowie 5 °C gefahren werden. Die eingesetzten Produktionsmittel und Verfahren sind ähnlich wie bei Schier, mit dem Unterschied, dass Balan komplett auf Rollmobiltischen kultiviert. Neben Promot WP, Kendal, Roots concentrate und Trichostar sind hier auch Nützlinge gegen Thripse wie Thriple plus mit Amblyseius cucumis oder Nematoden gegen Trauermücken im Einsatz.
Außer den gelb-blauen Kulturtöpfen von Nebelung kultiviert Balan auch ein Kräuter-Mix in bunten 20 cm-Schalen sowie Basilikum oder auch Petersilie in bunten rechteckigen Kästen. Ziel ist es, gerade jüngere Kunden mit dieser Produktpalette anzusprechen. Basilikum, Schnittlauch, Zitronenmelisse und Petersilie sät Balan selber aus. Aus Stecklingsvermehrung stammen Salbei, Minze, Basilikum in Sorten, Thymian, Rosmarin, Currykraut und Estragon. Die Vermarktung der Bio-Topfkräuter soll über Landgard, Endverkaufsbetriebe in der Region und Gartencenter sowie direkt an den Verbraucher erfolgen.